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Räumliche Trennung: Hohe Hürden stehen der Zuweisung der ehelichen Wohnung entgegen

Haben sich Ehegatten räumlich getrennt, ist oft ein erster großer Schritt auf dem Weg zur Scheidung vollzogen. Schwierig kann es werden, wenn zwar klar ist, dass die Ehegatten nicht mehr zusammen leben wollen, aber keiner bereit ist, aus der ehelichen Wohnung auszuziehen. Die Frage ist dann: Wie werde ich den anderen los, ohne selber ausziehen zu müssen?

Nach Gesetzeswortlaut kann ein Ehegatte verlangen, dass der andere die Ehewohnung verlässt, wenn dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden - wobei besonders das Wohl der im Haushalt lebenden Kinder zu beachten ist. Die Bewertung, wann eine unbillige Härte vorliegt, ist dabei naturgemäß relativ. Die Rechtsprechung verlangt in eher vager Formulierung, dass schwere dauerhafte Spannungen zwischen den Erwachsenen vorliegen müssen, die das normale Maß dessen übersteigen, wenn sich trennende Ehegatten streiten. Was genau darunter zu verstehen ist, ist nicht näher definiert. Fest steht nur, dass es nicht zu verbalen oder gar tätlichen Auseinandersetzungen kommen muss und eine spannungsgeladene Atmosphäre vielmehr ausreicht. Diese verwaschene Definition bedingt, dass von Gerichten teils gravierende Vorfälle bzw. Ereignisse und Geschehensabläufe verlangt werden, bevor eine Wohnungszuweisung erfolgen kann.

In einem aktuellen Fall wies das Oberlandesgericht Stuttgart die Wohnung einer Frau zu, nachdem die verbalen Bedrohungen ihres Mannes dazu führten, dass sie sich ganze zwei Jahre nachts mit den Kindern in ein Zimmer einschloss und die Tür mit Möbeln verbarrikadierte, während der Mann vor der Tür durch lautstarke Gesänge versuchte, sie vom Schlaf abzuhalten.

Hinweis: Es zeigt sich, dass es schwer ist, die hohen Hürden zu nehmen, die zur Zuweisung der ehelichen Wohnung führt. Dazu kommt, dass im Streitfall als Zeugen für die Geschehnisse oft nur die eigenen Kinder zur Verfügung stehen, die ohnehin schon arg gebeutelt in die Ereignisse verwickelt sind und sich nicht selten in einem Loyalitätskonflikt befinden. Daher steht Kindern, die mit den Beteiligten verwandt sind, in jedem Fall auch ein Zeugnisverweigerungsrecht zu.


Quelle: OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.12.2014 - 17 UF 142/14
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 03/2015)

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