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Scheinbewerbungen: Europäischer Gerichtshof steht vor wegweisendem Urteil

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet die unzulässige Benachteiligung von (echten) Bewerbern. Wird jemand bei der Einstellung oder im Einstellungsverfahren diskriminiert, hat er Anspruch auf eine Entschädigung.

Ein bereits seit vielen Jahren tätiger Rechtsanwalt bewarb sich auf ein Traineeprogramm eines großen Versicherungskonzerns. Er erfüllte nicht annähernd die Voraussetzungen - insbesondere, da sein Examen schon lange Jahre zurück lag. Als er abgelehnt wurde, forderte er eine Entschädigung in Höhe von 14.000 EUR. Schließlich musste sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit der Angelegenheit befassen.

Dieses erkannte, dass es sich offensichtlich nicht um eine ernst gemeinte Bewerbung handelte. Trotzdem hatten die Richter ein Problem: Zwar war der Anwalt nach deutschem Recht weder ein echter Bewerber noch ein Beschäftigter im Sinne des AGG. Das Unionsrecht nennt jedoch in den einschlägigen Richtlinien nicht den Begriff "Bewerber", sondern schützt den "Zugang zur Beschäftigung oder zu abhängiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit". Nicht geklärt ist daher, ob das Unionsrecht ebenfalls voraussetzt, dass wirklich der Zugang zur Beschäftigung gesucht und eine Einstellung bei dem Arbeitgeber tatsächlich gewollt sind. Deshalb hat das BAG dem Europäischen Gerichtshof die Angelegenheit vorgelegt. Dieser hat nun die Chance, Scheinbewerbern das Handwerk zu legen. Schutz vor Diskriminierungen ist richtig und wichtig. Soll das aber auch für Scheinbewerbungen gelten?

Hinweis: Fühlt sich ein Bewerber diskriminiert, muss er seine Forderungen innerhalb von zwei Monaten schriftlich geltend machen!


Quelle: BAG, Beschl. v. 18.06.2015 - 8 AZR 848/13 (A)
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 08/2015)

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