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Vermindeter Schadensersatzanspruch: Mitverschulden durch regelwidriges Benutzen einer Busspur

Einen Fahrzeugführer, der unzulässigerweise die Busspur benutzt, um an einem Stau vorbeizufahren, kann ein Mitverschulden an einer Kollision mit einem aus dem Gegenverkehr kommenden Linksabbieger treffen.

Ein Pkw-Fahrer fuhr innerorts rechts über eine Busspur an einem Stau vorbei, um in eine in einiger Entfernung liegende Parklücke einzuparken. Auf der Busspur kam es zu einer Kollision mit einem entgegenkommenden Linksabbieger, dem ein im Stau stehender Fahrer eine Lücke gelassen hatte.

Das Kammergericht Berlin hat dem Geschädigten lediglich 2/3 des ihm entstandenen Schadens zugesprochen. Der Geschädigte muss sich ein Mitverschulden in Höhe von 1/3 zurechnen lassen, denn er befuhr unzulässig die Busspur, die für Pkw nicht freigegeben war. Damit verstieß er gegen die Grundregeln der Straßenverkehrsordnung, laut der die Verkehrsregeln, Verkehrszeichen und Lichtzeichen zu beachten sind. Der vom Geschädigten vorgebrachte Grund für das Befahren der Busspur, um in eine - hinter der Kollisionsstelle gelegene - Parklücke einzufahren, ist nicht geeignet, die Regelabweichung zu erlauben. Der Geschädigte querte die Busspur nämlich nicht etwa nur kurz, sondern fuhr auf dieser geradeaus. Im Hinblick auf die mangelnde Übersichtlichkeit der Verkehrslage wäre es geboten gewesen, in der für den Individualverkehr freigegebenen Fahrspur zu bleiben und den dort stockenden Verkehrsverlauf in Kauf zu nehmen. Durch das vorzeitige Ausweichen auf die Busspur erhöhte der Geschädigte die Kollisionsgefahr mit den die Busspur querenden Verkehrsteilnehmern.

Hinweis: Die vom Gesetz vorgesehene Möglichkeit der Anspruchsminderung des Geschädigten wegen eines Mitverschuldens beruht auf der Überlegung, dass jemand die Kürzung seiner Ansprüche hinnehmen muss, der die nach Lage der Dinge erforderlich erscheinende Sorgfalt außer Acht lässt, um sich selbst vor Schaden zu bewahren.


Quelle: KG, Urt. v. 08.06.2015 - 29 U 1/15
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 03/2016)

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