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Nach erfolgtem Vergleich: Ein Arbeitszeugnis ist vollstreckbar, wenn die Formulierungshoheit dem Arbeitnehmer übertragen wurde

Zwar gehört das Arbeitszeugnis zu den Klassikern des arbeitsrechtlichen Streits. Was für einen Arbeitnehmer jedoch vonnöten ist, um rechtlich auf seinen Entwurf beharren zu dürfen, zeigt der folgende Fall des Hessischen Landesarbeitsgerichts (LAG) auf.

Nachdem sich, wie so häufig, ein Arbeitgeber und ein Arbeitnehmer vor Gericht gestritten hatten, einigten sie sich unter anderem auf Folgendes: "Die Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger ein wohlwollend formuliertes, qualifiziertes Endzeugnis unter dem Ausstellungsdatum 28.2.2018 zu erteilen. Die abschließende Leistungs- und Führungsbeurteilung entspricht der Note ,gut‘. Der Kläger ist hierzu berechtigt, einen schriftlichen Entwurf bei der Beklagten einzureichen, von dem die Beklagte nur aus wichtigem Grund abweichen darf." Als der Arbeitnehmer dann einen Zeugnisentwurf übersandte, wich der Arbeitgeber trotz des Vergleichs in seiner Ausführung davon ab. Der Arbeitnehmer beantragte deshalb, ein Zwangsgeld von 500 EUR und ersatzweise einen Tag Zwangshaft für je 100 EUR festzusetzen. Und das Gericht war hier ganz auf seiner Seite.

Wird in einem gerichtlichen Vergleich die Beurteilung "gut" für die Führungs- und Leistungsbeurteilung im Arbeitszeugnis aufgenommen, fehlt es zwar an der für eine Zwangsvollstreckung notwendigen Bestimmtheit. Etwas anderes gilt laut LAG jedoch, wenn der Vergleich festlegt, dass das Zeugnis nach Maßgabe eines Entwurfs des Arbeitnehmers zu erstellen und eine Abweichung nur aus wichtigem Grund möglich sei. In einem solchen Fall haben die Parteien die Formulierungshoheit des Arbeitgebers maßgeblich eingeschränkt und diese dem Arbeitnehmer übertragen. Es liegt damit an ihm, zu entscheiden, welche positiven oder negativen Leistungen er stärker hervorheben will. Das Zeugnis war hier daher durchaus vollstreckbar -  der Arbeitgeber wird ein Zwangsgeld zahlen müssen.

Hinweis: Wird in einem gerichtlichen Vergleich festgelegt, dass das Zeugnis nach Maßgabe eines Entwurfs des Arbeitnehmers zu erstellen ist und eine Abweichung nur aus wichtigem Grund möglich sein soll, kann ein solches Zeugnis vollstreckt werden.


Quelle: Hessisches LAG, Beschl. v. 28.01.2019 - 8 Ta 396/18
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 05/2019)

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