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Vater plündert Sparbuch: Bei der Inhaberfrage muss auf den erkennbaren Kundenwillen bei Kontoeröffnung abgestellt werden

Oft legen Eltern auf den Namen ihrer minderjährigen Kinder Sparbücher an, um Geld anzusammeln, das den Kindern irgendwann später zur Verfügung gestellt werden soll. Was, wenn die Eltern in der Zwischenzeit darüber verfügen? Ob das Kind einen Ersatzanspruch für den Fall hat, dass seine Eltern über dieses Geld verfügt haben, musste im Folgenden der Bundesgerichtshof (BGH) klären.

Hier hatten die Eltern für ihre 2006 geborene Tochter, als diese noch kein Jahr alt war, ein Sparbuch auf deren Namen eingerichtet. Im Laufe der Jahre wurden darauf knapp 17.600 EUR angespart. Dann trennten sich die Eltern und wurden geschieden. Der Vater, der das Sparbuch in seinem Besitz hatte, hob vom Sparbuch insgesamt 17.300 EUR ab und übergab der Tochter 2015 das Sparbuch mit dem restlichen Guthaben von unter 300 EUR. Die Tochter machte daraufhin geltend, dass der Vater ihr den von ihm abgehobenen Betrag zu erstatten habe.

Das erstinstanzlich angerufene Amtsgericht sprach der Tochter den Anspruch zu. Auf die Beschwerde des Vaters wies das Oberlandesgericht (OLG) als nächsthöhere Instanz den Antrag ab. Die Tochter könne das Geld nicht verlangen, denn maßgeblich sei in einer solchen Situation, wer das Sparbuch in seinem Besitz hatte - in diesem Fall der Vater.

Der BGH wählte schließlich einen weitaus differenzierteren Ansatz. Allein auf den Besitz des Sparbuchs komme es an, wenn Großeltern ein Sparbuch für ihre Enkel einrichten. Das sei jedoch nicht auf das Verhältnis der Eltern zu ihren Kindern zu übertragen. Stattdessen sind alle Umstände im Einzelfall zu beachten. Die Eltern begründen mit dem Sparvertrag ein inhaltlich von ihnen frei selbst bestimmtes Treuhandverhältnis zugunsten des Kindes. Zu prüfen ist, ob die Eltern die Verfügungsgewalt über das angelegte Geld behalten wollten. Sollte dies der Fall gewesen sein, konnten sie auch darüber verfügen. Da diese Frage durch das OLG nicht geprüft wurde, wies der BGH den Fall zur entsprechenden Klärung dorthin zurück.

Hinweis: Die Frage, welche Umstände bei der einzelfallbezogenen Prüfung von Relevanz sind, ist schwierig zu beantworten. Zur Klärung ist fachkundiger Rat einzuholen.


Quelle: BGH, Beschl. v. 17.07.2019 - XII ZB 425/18
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 11/2019)

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