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Verwirkter Pflichtteilsanspruch: Auslegung einer vertraglichen Vereinbarung als Erbverzicht

Ein Erbverzicht ist ein beliebtes Mittel, um das Familienvermögen zusammenzuhalten und die Erbfolge bereits zu Lebzeiten des Erblassers zu regeln. Dabei sind jedoch einige Dinge zu beachten.

Nach dem Tod des Mannes schloss dessen Witwe mit ihrer Tochter und ihrem Sohn einen notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag. In dem Vertrag erklärte die Tochter, dass sie mit der Zahlung eines bestimmten Geldbetrags "vom elterlichen Vermögen unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden" sei. Nach dem Tod der Mutter machte sie dann jedoch geltend, dass sie nicht auf ihren Pflichtteil an dem Erbe der Mutter verzichtet hatte.

Das Gericht musste nun entscheiden, wie die Formulierung im Vertrag zu verstehen war. Es wies darauf hin, dass es sich um einen Erbverzicht handelt, auch wenn das Wort nicht in dem Vertrag enthalten war. Da Vertragsgegenstand das "elterliche Vermögen" war, hatte sie auch auf ihren Erbteil am Nachlass der Mutter und nicht nur an dem des Vaters verzichtet.

Hinweis: Ein Erbverzicht kann nur durch einen notariellen Vertrag zwischen dem Erblasser und dem Verzichtenden zu Lebzeiten des Erblassers erfolgen. Verzichtet werden kann auf das gesamte Erbrecht, einen Teil dessen oder den Pflichtteil. Der Erbverzicht hat weitreichende Folgen, da er auch für die Kinder des Verzichtenden gilt. Zu beachten ist zudem, dass ein Erbverzicht nicht ausdrücklich mit diesem Wort bezeichnet werden muss, sondern sich aus den Vertragsumständen ergeben kann. Daher sollte gut überlegt werden, was genau vereinbart wird und was die Konsequenzen sind.
 
 


Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 22.07.2014 - 15 W 92/14
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 05/2016)

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