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Scheidung von Asylbewerbern: Der "gewöhnliche Aufenthalt" entscheidet über die Zuständigkeit deutscher Gerichte

Auch bei Asylbewerbern können familienrechtliche Probleme auftreten. Lernt ein Asylbewerber einen deutschen Partner kennen, kann er daran interessiert sein, die bisherige Ehe schnell zu beenden, um den neuen deutschen Partner zu heiraten. So ohne weiteres ist die Zuständigkeit der deutschen Gerichte in einem solchen Fall jedoch nicht gegeben.

Mit dieser Problematik hat sich auch das Oberlandesgericht Koblenz auseinandergesetzt. Gleich nach der Eheschließung reiste ein Ehepaar aus der Republik Kosovo nach Deutschland und beantragte erfolglos Asyl. Einen Monat nach der Einreise trennte sich das Paar. Der Mann hatte eine Deutsche kennengelernt und wollte diese nun heiraten.

Das angerufene Amtsgericht ist, so die Entscheidung, für das Scheidungsverfahren abgelehnter Asylbewerber nicht zuständig. Grund: Da keiner der Eheleute Deutscher ist bzw. bei der Eheschließung war, setzt die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts voraus, dass beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben.

Dieser "gewöhnliche Aufenthalt" einer Person ist dabei keine rechtliche Frage. Es kommt also nicht darauf an, wo der Wohnsitz angemeldet ist. Es geht vielmehr um den tatsächlichen Lebensmittelpunkt. Bei einem Asylbewerber ist dieser nicht automatisch mit der Einreise nach Deutschland auch in Deutschland. Denn maßgeblich ist, inwieweit es zu einer Einbindung in das soziale Umfeld gekommen ist. Dazu bedarf es einer gewissen Zeit. Lebt ein Asylbewerber mehrere Jahre in Deutschland, spricht dies für einen gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Land. Dabei ist es unerheblich, ob er mit einer Abschiebung zu rechnen hat. Ein gewöhnlicher Aufenthalt liegt aber nicht schon dann vor, wenn die Einreise wie im entschiedenen Fall erst vor kurzem erfolgt ist.

Hinweis: Im entschiedenen Fall wurde die besondere Einbindung in das soziale Umfeld unter anderem damit begründet, dass die vier Kinder der neuen Partnerin den die Scheidung begehrenden Asylbewerber bereits "Papa" nennen würden. Dies hielt das Gericht nach so kurzer Zeit für bedenklich - es half nichts.


Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 06.01.2016 - 13 WF 1/16
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 09/2016)

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