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Unfall auf Parkplatz: Wer das Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme missachtet, trägt eine hälftige Mitschuld

Der Stress, den einige Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr empfinden, findet für die Motorisierten unter ihnen bei der Parkplatzsuche oft ihren Höhepunkt. Auf sein "gutes Recht" zu beharren, ist dabei aber ebenso wenig zu empfehlen wie im fließenden Verkehr. Und sich bei Parkplatzflächen stur auf die meist aufgestellten Schilder zu stützen, die auf die Gültigkeit der Straßenverkehrsordnung (StVO) hinweisen, ist laut Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) ebenso wenig zu empfehlen.

Nach einem Unfall auf einem Baumarktparkplatz wollte sich der Geschädigte nicht mit einer anteiligen Schadensersatzzahlung abfinden. Schließlich habe er die vom Parkplatzbetreiber angeordnete StVO eingehalten. Als er eine der von rechts auf die Ausfahrtfahrgasse einmündenden Fahrgassen befuhr, an deren beiden Seiten sich angeordnete Parkboxen befanden, kam es im Einmündungsbereich der Fahrgassen zum Zusammenstoß mit dem gegnerischen Fahrzeug. Der Mann meinte nun, dass der Unfallgegner Schuld trage, da er die Rechts-vor-links-Regel missachtet habe.

Dennoch hat das OLG seiner Entscheidung eine hälftige Haftungsquote zugrunde gelegt. Die Verursachungsbeiträge der Fahrer seien hier als gleichgewichtig anzusehen. Man könne nicht geltend machen, dass das Vorfahrtsrecht verletzt wurde. Zwar seien die Regeln der StVO auf öffentlich zugänglichen Privatparkplätzen wie hier grundsätzlich anwendbar. Fahrgassen auf Parkplätzen seien jedoch nicht dem fließenden Verkehr dienenden Straßen gleichzusetzen und gewährten deshalb keine Vorfahrt.

Hinweis: Kreuzen sich zwei Fahrgassen, die der Parkplatzsuche dienen, gilt für die Fahrzeugführer das Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme - jeder Fahrer ist verpflichtet, defensiv zu fahren und die Verständigung mit dem jeweils anderen zu suchen. Anderes gelte nur, wenn die angelegten Fahrspuren eindeutig und unmissverständlich Straßencharakter hätten und sich bereits aus ihrer baulichen Anlage ergebe, dass sie nicht der Suche von freien Parkplätzen dienten, sondern der Zu- und Abfahrt der Fahrzeuge. Für einen solchen Straßencharakter könne etwa die Breite der Fahrgassen sprechen oder auch bauliche Merkmale einer Straße - wie Bürgersteige, Randstreifen oder Gräben.


Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 22.06.2022 - 17 U 21/22
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 10/2022)

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