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Nachweis der Erbschaft: Nicht jeder Erbe braucht einen Erbschein

Der Erbschein ist ein amtliches Zeugnis, das anzeigt, wer Erbe ist. Darüber hinaus lässt sich dem Erbschein entnehmen, ob mehrere Personen Erben sind und zu welchen Teilen sie jeweils geerbt haben, also die sogenannte Erbquote. Auch das Bestehen von Verfügungsbeschränkungen, wie etwa eine Vor- und Nacherbschaft, sind im Erbschein enthalten.

Der Erbschein wird durch das zuständige Nachlassgericht ausgestellt. Dazu ist jedoch ein entsprechender Antrag nötig. Der Antrag kann schriftlich oder zu Protokoll beim Nachlassgericht gestellt werden und muss entsprechende Nachweise - zum Beispiel ein Testament oder Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden - als Beleg der gesetzlichen Erbfolge enthalten. Für die Ausstellung eines Erbscheins fallen Gerichtsgebühren nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz an, deren Höhe vom Nachlasswert abhängt. Der Erbscheinsantrag kann auch durch einen Notar beurkundet werden. Neben dem Erben selbst können auch Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter oder -gläubiger einen Erbschein auf den Namen des Erben beantragen. Befindet sich ein Teil der Erbschaft im EU-Ausland, kann auch ein europäischer Erbschein beantragt werden.

Nicht jeder Erbe benötigt einen Erbschein, da er seine Erbenstellung auch anderweitig belegen kann. Häufig verlangen Banken die Vorlage eines Erbscheins, um Auskünfte über bestehende Konten des Verstorbenen zu geben oder die Auszahlung von Guthaben zu veranlassen. In der Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, dass auch ein notarielles Testament oder ein Erbvertrag in einem solchen Fall ausreichen und die Bank nicht auf die Vorlage eines Erbscheins bestehen kann, sofern nicht im Einzelfall berechtigte Zweifel an der Erbeneigenschaft bestehen. Für manche Handlungen ist jedoch ein Erbschein im Gesetz vorgeschrieben, etwa als Nachweis gegenüber dem Grundbuchamt, wenn ein ererbtes Grundstück auf den neuen Eigentümer umgeschrieben werden soll. Auch hier können jedoch ein notarielles Testament und das gerichtliche Eröffnungsprotokoll ausreichen.

Hinweis: Erben sollten also prüfen, ob sie einen Erbschein wirklich benötigen, da die Antragstellung mit Aufwand und Kosten verbunden ist. Liegt ein notarielles Testament vor oder hat der Erblasser eine Konto- und Vorsorgevollmacht ausgestellt, ist ein Erbschein häufig überflüssig. Sofern jedoch nur ein eigenhändiges Testament vorliegt oder ein Testament eine inhaltlich unklare Erbeinsetzung enthält, ist ein Erbschein in der Regel die einzige Möglichkeit zum Nachweis der Erbenstellung.
 
 

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 03/2017)

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