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Notarielles Nachlassverzeichnis: Pflichtteilsberechtigter hat Anspruch auf eidesstattliche Versicherung durch Haupterben

Besteht Grund zur Annahme, dass das Nachlassverzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt wurde, hat der hierzu Verpflichtete auf Verlangen an Eides statt zu versichern, dass er den Bestand nach bestem Wissen und so vollständig angegeben hat, wie er dazu imstande war. Im Folgenden war es am Bundesgerichtshof (BGH) zu klären, ob diese Verpflichtung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung auch dann bestehen kann, wenn die Auskunft durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses erteilt worden ist.

Der pflichtteilsberechtigte Sohn verlangte im Wege einer sogenannten Stufenklage Auskunft von seinem Bruder als Alleinerben über den Nachlassbestand des verstorbenen Vaters. Dieser Verpflichtung kam der Alleinerbe durch Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses nach. In dem notariellen Nachlassverzeichnis war ein Bankguthaben des Erblassers aufgeführt, das der Notar aufgrund eigener Ermittlungen in das Verzeichnis aufgenommen hatte. Angaben des Alleinerben zu dem Konto und dem darauf befindlichen Guthaben erfolgten nicht. Entsprechend erfolgte auch eine Kennzeichnung in dem Nachlassverzeichnis, ob es sich um Angaben des Erben oder Ermittlungen des Notars handelte. Der Pflichtteilsberechtigte verlangte vor diesem Hintergrund, dass der Erbe die Richtigkeit der gesamten Angaben - also auch bezogen auf die Ermittlungen des Notars - in dem Nachlassverzeichnis an Eides statt versichert.

Der BGH stellte in seiner Entscheidung klar, dass die Verpflichtung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung durchaus auch dann bestehe, wenn die Auskunft durch Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses erfolgt sei. Eine Beschränkung auf die Angaben, die in dem Verzeichnis als Angaben des Erben gekennzeichnet sind, sei laut BGH nicht zulässig. Der Alleinerbe habe daher eine umfassende Auskunft zu erteilen, weshalb auch die eidesstattliche Versicherung unbeschränkt auf die gesamte Auskunft zu erstrecken sei.

Hinweis: Erfüllt das Nachlassverzeichnis die formalen und inhaltlichen Anforderungen, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Berichtigung oder Vervollständigung des Verzeichnisses.


Quelle: BGH, Urt. v. 01.12.2021 - IV ZR 189/20
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 02/2022)

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