Aktuelle Rechtsinformationen

[Inhalt]
[Vorheriger Text][Nächster Text]

Schwammig definiert: Unklare Begrifflichkeiten machen Testamente schnell unwirksam

Viele Erblasser befürchten, dass sich die Umstände bis zu ihrem Tod noch ändern können, und versuchen daher, Erbeinsetzungen in der Wortwahl möglichst offen zu gestalten. Schwammige Formulierungen können jedoch schnell zu einer Unwirksamkeit des Testaments führen.

Ein unverheirateter kinderloser Mann hatte in einem notariellen Testament seine vier Nichten und Neffen zu je einem Viertel als Erben eingesetzt und seiner langjährigen Lebensgefährtin einen bestimmten Geldbetrag vermacht. Später überlegte er es sich jedoch anders und bestimmte in einem handschriftlichen Testament, dass "das Haus und meine anderen Sachen bekommen soll, wer sich bis zu meinem Tode um mich kümmert". Nach einem Schlaganfall pflegten ihn seine Lebensgefährtin und einer der Neffen bis zu seinem Tod. Dann stellte sich die Frage, wer Erbe geworden war.

Das Gericht ging davon aus, dass die Formulierung im zweiten Testament zu unbestimmt war. Da bereits unklar war, auf welche Art von "kümmern" sich der Erblasser bezogen hatte - also etwa ob körperliche Pflege, Hilfe bei der Hausarbeit, eine seelische Stütze, die Erledigung finanzieller Angelegenheiten oder Sonstiges gemeint waren -, konnte kein Erbe bestimmt werden. Damit war das zweite Testament nichtig und das erste, notarielle Testament gültig.

Hinweis: Erblasser dürfen die Bestimmung der Erben nicht einem anderen überlassen. Zwar muss ein Erbe im Testament nicht namentlich genannt werden, die Angaben im Testament müssen jedoch so genau sein, dass eine sachkundige Person den Bedachten bezeichnen kann, ohne das eigene Ermessen ausüben zu müssen. Hätte der Erblasser zum Beispiel "wer mich bis zu meinem Tode pflegt" geschrieben - also den Begriff "pflegen" statt "kümmern" genutzt -, wäre das Testament unter Umständen ausreichend bestimmt gewesen. Zu vage Formulierungen in Testamenten sollten daher vermieden werden, da sie zur Unwirksamkeit des gesamten Testaments führen können.


Quelle: OLG München, Beschl. v. 22.05.2013 - 31 Wx 55/13
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 07/2016)

[Vorheriger Text][Nächster Text]
[Inhalt]

 

[Startseite] [Archiv]