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Patchworkfamilien: Stiefeltern übernehmen stillschweigend die bestehende Aufsichtspflicht leiblicher Eltern

Ein Teil der elterlichen Sorge ist, dass Eltern in gewissen Grenzen dafür Sorge zu tragen haben, dass sich ihre minderjährigen Kinder nichts zuschulden kommen lassen. Was mit dieser Aufsichtspflicht passiert, wenn ein Elternteil mit dem Kind bei einem neuen Partner lebt, musste das Landgericht Frankfurt am Main (LG) kürzlich bewerten.

Ein 12-Jähriger lud sich mittels Filesharings illegal ein Computerspiel herunter. Sein Stiefvater, in dessen Haushalt der Junge wohnte, wurde daraufhin aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben und Schadensersatz sowie Abmahnkosten zu zahlen. Da der Stiefvater die Zahlung verweigerte, wurde er verklagt.

Da kein Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Stiefkind und seinem Stiefvater besteht, existiert rein gesetzlich auch keine Aufsichtspflicht, die der Stiefvater verletzt haben könnte. Wohl aber hat der Stiefvater laut Ansicht des Gerichts stillschweigend und vertraglich die bestehende Aufsichtspflicht der Mutter für diese übernommen. Eine Ausnahme läge nur vor, wenn beide Partner vereinbart hätten, dass sämtliche Ge- und Verbote dem Kind gegenüber allein vom leiblichen Elternteil ausgesprochen werden. In einem solchen Fall läge keine vertragliche Aufsichtspflicht des Stiefelternteils vor. So etwas ist aber eher ungewöhnlich und lag vor allem im zur Entscheidung anstehenden Fall nicht vor.

Dennoch haftete der Stiefvater in diesem Fall nicht. Denn im Alter von zehn oder elf Jahren war dem Kind von der Mutter und dem Stiefvater erklärt worden, dass es nichts Illegales aus dem Internet runterladen dürfe. Mehr musste nicht geschehen. Dass das Kind dennoch dem Verbot zuwider handelte, führte zu keiner Haftung des Stiefvaters.

Hinweis: Patchworkfamilien werden demnach jedenfalls teilweise wie "normale" Familien behandelt. Wichtig ist es also, zu wissen, dass damit auch die normalen Pflichten seitens der Stiefeltern gelten und man sich nicht damit zurückziehen kann, gesetzlich nicht "normaler" Elternteil zu sein.


Quelle: LG Frankfurt am Main, Urt. v. 11.04.2019 - 2-03 S 2/18
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 08/2019)

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