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Verwirkung von Unterhaltsansprüchen: Auf einen Titel sollte auch bei zäher Zahlungsmoral innerhalb eines Jahres reagiert werden

Steht fest, in welcher Höhe Unterhalt zu zahlen ist, bedeutet dies noch nicht, dass er auch tatsächlich gezahlt wird. Vollstreckungsversuche können ganz oder teilweise erfolglos sein. Sofern dann nichts mehr unternommen wird, kann die Unterhaltspflicht sogar entfallen.

Das Kammergericht Berlin (KG) setzte sich mit einem solchen Fall auseinander. Ein Kindesvater hatte sich 2007 durch Jugendamtsurkunde zu Unterhaltszahlungen an seinen Sohn verpflichtet. Die mangels Zahlungen erfolgte Zwangsvollstreckung blieb erfolglos. Der Vater gab im August 2010 die eidesstattliche Versicherung ab: Er war pleite. Ab Mai 2013 zahlte er dann Unterhalt, aber deutlich weniger, als laut Urkunde geschuldet. Der Sohn forderte jedoch den vollen Unterhalt, kündigte die Vollstreckung an und leitete diese dann tatsächlich erst 2015 ein. Dagegen wehrte sich der Vater und machte geltend, der Sohn habe durch sein Verhalten seinen Unterhaltanspruch verwirkt - und das KG gab dem Vater Recht.

Ansprüche, die verbindlich festgestellt sind, unterliegen wie alle Ansprüche einer Verjährung. Die Verjährungsfrist für diese Ansprüche beträgt 30 Jahre. Jedoch können sich Ansprüche auch verwirken! Und eine solche Verwirkung ist etwas anderes als eine Verjährung: Eine Verwirkung setzt voraus, dass ein bestimmtes Zeit- und ein bestimmtes Umstandsmoment vorliegen. Das Zeitmoment ist bereits gegeben, wenn ein Unterhaltsanspruch seit einem Jahr oder länger nicht geltend gemacht wird, selbst wenn er tituliert ist. Das wird damit begründet, dass rückständiger Unterhalt schnell zu einem unüberschaubar hohen Betrag anwächst. Hier wird also ausnahmsweise einmal der Unterhaltspflichtige geschützt. Von den Umständen her wird verlangt, dass der Pflichtige darauf vertrauen darf, nicht mehr zahlen zu müssen. Wenn eine Vollstreckung zumindest teilweise Erfolg haben und erneut die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verlangt werden kann, liegt Verwirkung dann vor, sobald auf den Titel nur teilweise gezahlt wird und der Berechtigte über ein Jahr nichts unternimmt.

Hinweis: Es gibt also kein absolutes Vertrauen darauf, dass ein titulierter Anspruch 30 Jahre lang durchgesetzt werden kann.


Quelle: KG, Beschl. v. 28.06.2017 - 13 UF 75/16
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 02/2018)

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