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Fitter als 1974: OLG bewertet Altersbegrenzung des BGH zu Haushaltsführungsschäden als überholt

Wie Schmerzensgeld und Schadensersatz kann auch der Haushaltsführungsschaden nach einem Verkehrsunfall geltend gemacht werden. Das folgende Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) soll Menschen den Rücken stärken, die aufgrund eines Unfalls einen solchen Schaden anmelden und diesen ohne Aussicht auf Linderung sogar dauerhaft ersetzt verlangen.

Nach einem unverschuldeten Unfall begehrte der hier Geschädigte neben Schmerzensgeld auch einen Haushaltsführungsschaden, da er nicht mehr in dem Umfang wie vor dem Unfall im Haushalt tätig sein konnte. Das bestätigte auch ein gerichtlich beauftragtes Gutachten, das dem Mann zudem keinerlei Besserung der durch den Unfall verursachten Beschwerden in Aussicht stellte. Das erstinstanzliche Landgericht (LG) verfügte daraufhin zwar die Zahlung des Haushaltsführungsschadens, lehnte aber einen entsprechenden (für die Zukunft) gestellten Feststellungsantrag ab.

Das sah das OLG als Folgeinstanz jedoch anders. Da das LG festgestellt hatte, dass der Geschädigte eine Dauerbeeinträchtigung hinsichtlich der Haushaltsführungstätigkeit erlitten habe, die sich auch nicht bessern wird, kann auch nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge davon ausgegangen werden, dass er in gleichem Umfang weiterhin eingeschränkt bleibt. Somit kann auch eine entsprechende Rente als Mindestaufwand durch ein Feststellungsurteil festgelegt werden. Das OLG hält auch eine Begrenzung des Haushaltsführungsschadens auf ein Höchstalter von 75 Jahren für nicht mehr zeitgemäß. Denn der als allgemein bekannt zu unterstellenden Tatsache, dass die Lebenserwartung der Bevölkerung und deren Selbständigkeit im Alter fortgehend ansteigt, muss auch hier Tribut gezollt werden. Demnach darf davon ausgegangen werden, dass der Geschädigte ohne das Schadensereignis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit den Haushalt auch nach seinem 75. Lebensjahr noch selbständig hätte führen können - so wie die weit überwiegende Zahl der Bevölkerung auch. Etwas anderes könne nur gelten, wenn ganz konkret in der Person des Geschädigten Umstände dazu führen würden, diese überwiegende Verlaufswahrscheinlichkeit in Zweifel zu ziehen. Doch hierfür muss zum gegebenen Zeitpunkt der Schädiger oder seine Haftpflichtversicherung gegebenenfalls eine Abänderungsklage bezogen auf die neuen Gegebenheiten erheben.

Hinweis: In einer Entscheidung aus dem Jahr 1974 hat der Bundesgerichtshof (BGH) den Haushaltsführungsschaden auf die Vollendung des 75. Lebensjahres begrenzt. Die neue Rechtsprechung geht allerdings nicht mehr von dieser starren Grenze aus, sondern stellt auf die Prognose für den konkreten Einzelfall ab. Der Haushaltsführungsschaden ist als Rente im Voraus für drei Monate jeweils zu zahlen.


Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 24.03.2020 - 22 U 82/18
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 07/2020)

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