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Anwohnerforderung abgewiesen: Einschränkungen und Verbote für fließenden Verkehr nur bei nachgewiesener Gefahrenlage

Viele vor Gericht gebrachte Beschwerden sind näher betrachtet durchaus nachvollziehbar. Doch da jede Medaille bekanntlich zwei Seiten hat, ist es Aufgabe der jeweiligen Richter, die Rechte aller Beteiligten in die Waagschale zu werfen. Im folgenden Fall war es am Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße (VG), das Ruhebedürfnis von Anwohnern mit der Freigabe ihrer Straße für den Durchgangsverkehr abzuwägen.

Die Kläger sind seit 1986 Anwohner einer Straße, deren Befahrung seit 1989 für Kraftfahrzeuge mit Ausnahme des Anliegerverkehrs verboten ist. Erste Beschwerden führten dazu, dass die Straße wegen der regelmäßig hohen Geschwindigkeiten als Tempo-30-Zone ausgewiesen und später unter anderem das Teilstück mit dem Grundstück der Kläger zum verkehrsberuhigten Bereich deklariert wurde, der nur in Schrittgeschwindigkeit befahren werden durfte. Nach jahrelangen Beschwerden der Kläger über die behauptete Befahrung der Straße durch Nichtanlieger entfernte die zuständige Verbandsgemeinde die Beschilderung, die den motorisierten Nichtanliegern bisher die Durchfahrt verbot. Mit ihrer Klage wandten sich die Kläger nun zum einen gegen die Entfernung dieser Beschilderung und die damit verbundene Freigabe der Straße für den Durchgangsverkehr. Zum anderen begehrten sie die Einführung einer Einbahnstraßenregelung und/oder weitere straßenverkehrsbehördliche Maßnahmen zur Verringerung und Beruhigung des Verkehrs.

Das VG wies die Klage jedoch ab. Straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen können nur bei einer eigenen Rechtsbetroffenheit eingefordert werden. Vorliegend sei maßgeblich, dass nach dem Ergebnis von verschiedenen mehrtägigen Verkehrszählungen im Schnitt lediglich etwa 200 Fahrzeuge täglich die Straße benutzten und bei der Verkehrszählung nach der Öffnung der Straße für den Durchgangsverkehr keine höhere Verkehrsbelastung festgestellt worden sei. Da in dem maßgeblichen Bereich ohnehin nur Schrittgeschwindigkeit gefahren werden dürfe, brächte eine Sperrung für den motorisierten Durchgangsverkehr folglich keine nennenswerte Entlastung, wobei die Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durch die Polizei zu kontrollieren sei. Die Kläger könnten auch nicht die Ausweisung der Straße als Einbahnstraße verlangen. Falle nämlich der Begegnungsverkehr weg, müsse mit einer Zunahme der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeiten gerechnet werden.

Hinweis: Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nach der Straßenverkehrsordnung nur erfolgen, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht.


Quelle: VG Neustadt an der Weinstraße, Urt. v. 31.08.2020 - 3 K 1457/18.NW
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 11/2020)

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