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NPDler mit Waffenschein: Distanzierung von Hetze und rechtstreues Verhalten können vermutete Unzuverlässigkeit widerlegen

Das deutsche Waffenrecht ist zu Recht sehr restriktiv ausgelegt. Grundsätzlich sollen Waffen nur in Ausnahmefällen in Privathände abgegeben werden. Wann und unter welchen Umständen Inhabern eines Waffenscheins eben dieser wieder zu entziehen ist, weil sie sich in verfassungsfeindlichen Parteien engagieren, musste das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) kürzlich bewerten.

Es ging um einen stellvertretenden Vorsitzenden eines NPD-Kreisverbands, der die Partei in einem Kreistag und in einem Gemeinderat vertrat. Die zuständige Behörde widerrief die ihm als Sportschützen erteilte Waffenbesitzkarte, da in seiner Person wegen seiner entsprechenden politischen Aktivitäten keine erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit gegeben sei. Dagegen klagte der Mann.

Unzuverlässig im Sinne des Waffenrechts ist in der Regel auch, wer verfassungsfeindliche Bestrebungen im Rahmen der Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen politischen Partei verfolgt. Wer seine Aktivitäten für eine verfassungsfeindliche Partei nicht auf die bloße Mitgliedschaft oder die passive Teilnahme an Veranstaltungen beschränkt, sondern herausgehobene Ämter in der Partei oder einer ihrer Gliederungen übernimmt, bringt damit zum Ausdruck, dass er sich mit den gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichteten Bestrebungen der Partei in besonderem Maße identifiziert und sich dauerhaft hierfür einsetzen will. Zudem hat ein solcher Funktionsträger maßgeblichen Einfluss auf die Art und Weise, wie sich die Partei nach außen hin präsentiert, und gibt ihr ein Gesicht in der Öffentlichkeit. Entsprechendes gilt für die Wahrnehmung von Mandaten für eine verfassungsfeindliche Partei in einem Parlament oder einer Kommunalvertretung.

Dennoch müssen die Waffenbehörden und die Verwaltungsgerichte im Einzelfall prüfen, ob die Regelvermutung der Unzuverlässigkeit widerlegt ist. Dies setzt bei Funktions- und Mandatsträgern einer (immerhin nicht verbotenen) Partei nicht zwingend die Niederlegung von Parteiämtern und Mandaten voraus. Dazu verlangt es aber den Beleg einer entschiedenen, beständigen und nach außen erkennbaren Distanzierung von Äußerungen und Verhaltensweisen der Parteimitglieder und -anhänger, die eine Tendenz zur Anwendung, Androhung oder Billigung von Gewalt erkennen lassen oder einschüchternde Wirkung haben. So verwies das BVerwG den Fall zur erneuten Prüfung an das Oberverwaltungsgericht als Vorinstanz zurück.

Hinweis: Die Regelvermutung der Unzuverlässigkeit für den Besitz von Waffen kann also durch eine nachweisliche Distanzierung von hetzenden Äußerungen und insbesondere durch ein rechtstreues Verhalten widerlegt werden.


Quelle: BVerwG, Urt. v. 19.06.2019 - 6 C 9.18
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 08/2019)

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