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Anhörung nach sieben Wochen: Wer sich nicht auf Erinnerungslücken beruft, muss mit Anordnung einer Fahrtenbuchauflage leben

Ob sich bei der Leserschaft dieses Beitrags künftig vermehrt Gedächtnislücken bemerkbar machen werden, bleibt allein schon deshalb nicht zu hoffen, da sie sich bestimmt mehrheitlich an die Straßenverkehrsordnung hält. Doch der springende Punkt macht den Fall des Verwaltungsgerichtshofs München (VGH) nach einer festgestellten Geschwindigkeitsübertretung so interessant: Die Benachrichtigung ging dem Fahrzeughalter nicht innerhalb der eigentlich üblichen Zweiwochenfrist zu. Und diesen Fakt hätte er im Anhörungsbogen besser für sich nutzen können, als er es getan hat.

Im Juni 2021 wurde mit einem Pkw innerorts eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 40 km/h festgestellt. Sieben Wochen später wurde der Halter des Fahrzeugs mit der Aufforderung, den Fahrzeugführer zu benennen, angeschrieben. Dieser teilte mit, dass ihm der Fahrzeugführer nicht bekannt sei. Gegenüber der Polizei wurde weiterhin geäußert, dass er sich nicht zur Sache einlassen werde. Das Bußgeldverfahren wurde daraufhin eingestellt und dem Halter eine Fahrtenbuchauflage für zwölf Monate erteilt. Der Antragsteller wandte sich jedoch gegen die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuchs. Er vertrat die Auffassung, dass die Behörde ihn spätestens zwei Wochen nach dem Vorfall hätte anschreiben müssen.

Der VGH hat den Antrag zurückgewiesen. Zwar gehört zu einem angemessenen Ermittlungsaufwand grundsätzlich die unverzügliche (in der Regel innerhalb von zwei Wochen) durchzuführende Benachrichtigung des Fahrzeughalters von der mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Zuwiderhandlung. Der Grund hierfür ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Fahrzeughalter die Frage nach dem Fahrzeugführer noch zuverlässig beantworten kann, die mit zunehmendem Zeitabstand geringer wird. Diese Frist hatte die Behörde mit ihrer erstmaligen Anhörung sieben Wochen nach der Tat auch deutlich überschritten. Allerdings war diese Nichteinhaltung der Zweiwochenfrist unschädlich, wenn sie für die Nichtfeststellung des Fahrzeugführers nicht kausal ist - etwa weil die Ergebnislosigkeit der Ermittlungen nicht auf Erinnerungslücken des Fahrzeughalters beruht. Schließlich habe der Antragsteller als Reaktion auf die verspätete Anhörung keinerlei Erinnerungslücken geltend gemacht, sondern auf dem von ihm zurückgesandten Anhörungsbogen handschriftlich vermerkt, dass ihm der Fahrzeugführer nicht bekannt sei.

Hinweis: Die Fahrtenbuchauflage soll als Maßnahme zur vorbeugenden Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs gewährleisten, dass zumindest für die Dauer der Verpflichtung mit dem Fahrzeug begangene Verstöße geahndet werden können und der Fahrer ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Auch ein erst- oder einmaliger Verkehrsverstoß von erheblichem Gewicht kann unabhängig von der konkreten Gefährlichkeit eine Fahrtenbuchauflage rechtfertigen. Dies wird in der Regel angenommen, wenn der Verstoß mit mindestens einem Punkt nach dem Fahreignungsbewertungssystem bewertet wird.


Quelle: VGH München, Beschl. v. 13.10.2022 - 11 CS 22.1897
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 02/2023)

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