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Kein "Umgang auf Zuruf": Kinder und Eltern haben ein Anrecht auf eine klar definierte Umgangsregelung

Kinder haben ihren eigenen Willen. Das sollten Erwachsene berücksichtigen und dennoch weitsichtig genug sein, um zu wissen, dass Minderjährigen oft noch der Erfahrungshorizont fehlt, die Konsequenzen der eigenen Lebensvorstellungen einschätzen zu können. Das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) musste in diesem Fall den Part der weitsichtigen Instanz übernehmen, den kindlichen Wunsch auf einen "Umgang auf Zuruf" auf das erforderliche Maß in Sachen Eltern-Kind-Beziehung zurückzustutzen.

Die Eltern sind getrennt, die Kinder leben bei der Mutter und sehen den Vater alle 14 Tage von Freitagnachmittag bis Montag früh. Nun will der Vater mehr Umgang - am liebsten über das paritätische Wechselmodell oder hilfsweise über eine Ausweitung des jetzigen Umgangs. Die Kommunikation zwischen den Eltern war schwierig. Die Mutter behauptete, die Söhne würden bereits die jetzige Regelung ablehnen, weil diese sie in ihrer Freizeitgestaltung beeinträchtige. Am besten sei ihrer Meinung nach daher ein "Umgang auf Zuruf" - dass der Vater seine Söhne also sehen könne, sobald die Söhne dies wollten. Sie würden sonst mit gesundheitlichen Auffälligkeiten und Ablehnung gegen den Vater reagieren. Die Mutter wehrte sich dagegen, dass überhaupt ein Umgang festgeschrieben werde.

Das erstinstanzliche Amtsgericht änderte die Umgangszeiten jedoch nicht im Umfang, sondern nur in den konkreten Zeiten: auf 14-tägig von Freitagabend um 18 Uhr bis zum darauffolgenden Dienstag zum Schulbeginn plus die Hälfte aller Schulferien. Der Vater wäre damit zufrieden gewesen - aber die Mutter ging zum OLG.

Vom "Umgang auf Zuruf" hielt jedoch auch das OLG gar nichts. Eine Umgangsregelung erfordere grundsätzlich einen kontinuierlichen, periodischen Kontakt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht das Umgangsrecht eines Elternteils unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Es ermöglicht dem umgangsberechtigten Elternteil, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung fortlaufend persönlich zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm aufrechtzuerhalten, einer Entfremdung vorzubeugen und dem Liebesbedürfnis Rechnung zu tragen. Ein ersatzloser Wegfall einer bislang praktizierten Umgangsregelung mit der Folge, dass der Umgang nur dann wahrgenommen wird, wenn die Kinder ihn begehren, sei nicht kindeswohlgerecht. Die Eltern hätten Anspruch gegen das Familiengericht, eine konkrete Regelung zu treffen - jedenfalls in den Fällen, in denen nicht ein Umgangsausschluss oder eine Umgangspflegschaft zur Debatte steht. Gerade weil diese Eltern ein hohes Konfliktpotential hätten und über den Umgang zerstritten seien, könne nicht offenbleiben, wann Vater und Kinder einander sehen.

Hinweis: Anders sieht es nur dann aus, wenn sich ein älterer Jugendlicher mit gereifter Persönlichkeit gegen eine starre Umgangsfrequenz wehrt, da eine erzwungene Durchsetzung des Umgangsrechts nicht mit seinem Persönlichkeitsrecht vereinbar ist. Dabei gibt es keine starre Altersgrenze, ab der der Wunsch des Kindes nach einer flexiblen Handhabung des Umgangs ausschlaggebend ist; vielmehr hängt dies von den Umständen des Einzelfalls ab.


Quelle: OLG Brandenburg, Urt. v. 18.08.2021 - 13 UF 90/21
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 11/2021)

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