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Keine Vaterrechte nach Missbrauch: Jugendliche dürfen Auskunft über sich selbst verweigern

Wenn man für sein Kind das Sorgerecht und den persönlichen Kontakt verliert, dann bleibt nur noch ein Recht aus § 1686 Bürgerliches Gesetzbuch, vom anderen Elternteil über sein Kind informiert zu werden. Doch auch dieses Recht kann verwirkt werden, so wie im folgenden Fall des Oberlandesgerichts Bamberg (OLG).

Ein Vater wollte auf Basis des besagten Paragraphen ein aktuelles Foto seiner Kinder und die Zeugnisse der letzten fünf Jahre haben. Soweit verständlich - wenn man die Hintergründe nicht kennt, die zum Entzug des Sorgerechts und des persönlichen Kontakts führten. Denn in Fällen wie diesem hier kann sogar das Recht darauf verwirkt sein. Hier war der Vater nämlich wegen etlicher Fälle des sexuellen Missbrauchs und der Kinderpornographie verurteilt worden - eines der Opfer war sogar die eigene Tochter gewesen. Die Mutter befürchtete daher nun, dass der Vater die Informationen, auf welche Schule die Kinder gehen und wie sie aussehen, nur begehre, um die Kinder nach seiner Haftentlassung aufzuspüren.

Das OLG lehnte den Antrag des Vaters daher ab - auch gestützt auf den Willen der 14 und 17 Jahre alten Kinder. Diese hatten sich in der erfolgten Anhörung gewünscht, dass der Vater nichts von ihnen wissen und sie in Ruhe lassen solle. Auf keinen Fall solle er die Fotos und Zeugnisse erhalten. Es müsse reichen, ihm mitzuteilen, dass es ihnen gut gehe. Dieser autonome und objektiv nachvollziehbare Wille der Kinder wurde angesichts ihres Alters als Ausdruck der Selbstbestimmung gewertet - und es erschien dem OLG zwingend, die Kinder zu respektieren.

Hinweis: Der Wille eines Jugendlichen, der altersentsprechend geistig reif ist, wird in der Praxis nur dann übergangen, wenn er offensichtlich das eigene Wohl gefährdet. Eine feste Altersgrenze, ab der Kinder über ein Verfahren "entscheiden" können, gibt es dabei nicht.


Quelle: OLG Bamberg, Beschl. v. 14.03.2022 - 2 UF 28/22
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 05/2022)

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