Aktuelle Rechtsinformationen

[Inhalt]
[Vorheriger Text][Nächster Text]

Gesetzlicher Betreuer und Testamentsvollstrecker: Doppelfunktion löst noch keine gesonderte Bestellung eines weiteren Betreuers aus

Ein Ergänzungsbetreuer kann bestellt werden, wenn der eigentliche gesetzliche Betreuer bestimmte Aufgaben nicht wahrnehmen darf, beispielsweise bei Interessenkonflikten. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich im Folgenden mit der durchaus interessanten Frage beschäftigen, ob eine solche Interessenkollision immer anzunehmen ist, wenn ein Betreuer gleichzeitig auch zum Testamentsvollstrecker berufen ist.

Im konkreten Fall stand eine Frau mit Morbus Down und einer mittelgradigen Intelligenzminderung seit vielen Jahren unter Betreuung. Nach dem Tod ihrer Mutter wurde ihre Schwester schließlich als neue gesetzliche Betreuerin eingesetzt. Diese aber war gleichzeitig auch Testamentsvollstreckerin im Nachlass der verstorbenen Mutter. Das von der Mutter errichtete Testament sah vor, dass die betreute Tochter Vorerbin und die Enkelkinder der nun betreuenden Tochter als Nacherben eingesetzt werden sollen. So wurde die Schwester und jetzige Betreuerin der Vorerbin zur Testamentsvollstreckerin benannt, während die Nichte (Tochter der betreuenden Schwester) zudem bei ihr im Haus wohnte und hierfür eine sehr niedrige Miete zahlte, die mit Pflegeleistungen verrechnet wurde. Das Amtsgericht (AG) sah in dieser Konstellation eine mögliche Interessenkollision bei der betreuenden Schwester und deren zusätzlichem Amt als Testamentsvollstreckerin im Nachlass der Mutter. Das AG ordnete die Einsetzung eines Ergänzungsbetreuers an.

Die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde war vor dem BGH erfolgreich, die Bestellung des Ergänzungsbetreuers wurde aufgehoben. Der Senat betonte, auch wenn die Schwester gleichzeitig Betreuerin, Testamentsvollstreckerin und zudem auch die Mutter der Nacherben sei, reiche dies nicht aus, automatisch einen Ergänzungspfleger bestellen zu müssen. Hierfür bedarf es vielmehr eines konkreten Hinweises auf Pflichtverletzungen der Betreuerin bzw. ein tatsächliches Risiko, dass die Interessen der betreuten Person beeinträchtigt werden. Die bloße Tatsache, dass jemand gleichzeitig Testamentsvollstreckerin und Betreuerin sei, rechtfertige nach Ansicht des BGH allein noch keine Ergänzungsbetreuung.

Hinweis: Bei bestehenden Interessenkonflikten kann gegebenenfalls eine Mitbetreuung nach Aufgabenbereichen angeordnet werden.


Quelle: BGH, Beschl. v. 25.06.2025 - XII ZB 157/24
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 10/2025)

[Vorheriger Text][Nächster Text]
[Inhalt]

 

[Startseite] [Archiv]