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Leiharbeitnehmer: Regelmäßige Arbeitsstätte eines Leiharbeitnehmers
Seit dem 01.01.2008 kann es sich auch bei einer außerbetrieblichen Einrichtung um eine regelmäßige Arbeitsstätte des (Leih-)Arbeitnehmers handeln. Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers im Betrieb des Entleihers oder eines Kunden auf Dauer angelegt ist:
a) Bei zeitlich unbefristeten Tätigkeiten
Eine dauerhafte Tätigkeit liegt immer dann vor, wenn sie nicht nur vorübergehend, sondern zeitlich unbefristet ist. Anders ausgedrückt: Ist die Tätigkeit eines Leiharbeitnehmers im Betrieb des Entleihers auf unbestimmte Dauer ("bis auf weiteres", also zeitlich unbefristet) angelegt, hat der Leiharbeitnehmer im Betrieb des Entleihers eine regelmäßige Arbeitsstätte.
Beispiel 1: Ein Arbeitnehmer wird von einer Zeitarbeitsfirma einem Kunden als kaufmännischer Mitarbeiter überlassen. Der Überlassungsvertrag enthält keine zeitliche Befristung ("bis auf weiteres"). In diesem Fall liegt ab dem ersten Tag der Tätigkeit beim Kunden eine regelmäßige Arbeitsstätte in einer außerbetrieblichen Einrichtung vor, denn die Tätigkeit dort ist nicht vorübergehend, sondern auf Dauer angelegt. Ein steuerfreier Reisekostenersatz/Werbungskostenabzug wegen einer Auswärtstätigkeit ist nicht zulässig.
b) Bei befristeten oder projektbezogenen Tätigkeiten
Ist die Tätigkeit eines Leiharbeitnehmers beim Entleiher hingegen - unabhängig von der tatsächlichen Dauer - als befristet oder "projektbezogen" zu beurteilen, liegt eine zu Reisekosten führende Auswärtstätigkeit vor. Nur in diesem Fall können Fahrtkosten in tatsächlicher Höhe für den gesamten Zeitraum als Werbungskosten anerkannt oder steuerfrei ersetzt werden. Bei den Mehraufwendungen für Verpflegung ist allerdings die Dreimonatsfrist zu beachten.
Beispiel 2: Eine Zeitarbeitsfirma überlässt einem Bauunternehmen (= Entleiher) Arbeitnehmer (= Bauarbeiter), die von diesem auf unterschiedlichen Baustellen eingesetzt werden und den Betrieb des Entleihers in größeren zeitlichen Abständen unregelmäßig aufsuchen. Die Bauarbeiter haben im Betrieb des Entleihers keine regelmäßige Arbeitsstätte, da die Tätigkeit dort nicht auf Dauer angelegt ist. Bei der Tätigkeit der Bauarbeiter auf den unterschiedlichen Baustellen handelt es sich folglich um eine Auswärtstätigkeit. Diese Lösung ist auch deshalb sachgerecht, weil die Leiharbeitnehmer somit genauso behandelt werden wie das Stammpersonal des Bauunternehmens mit vergleichbarer Tätigkeit.
Beispiel 3: Ein bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigter Hochbauingenieur wird in regelmäßigem Wechsel verschiedenen Entleihfirmen überlassen und auf deren Baustellen eingesetzt. Den Betrieb seines Arbeitgebers sucht er nur hin und wieder auf, ohne dort eine regelmäßige Arbeitsstätte zu begründen. Er wird für einen Zeitraum von zwei Jahren an eine Baufirma überlassen und von dieser während des gesamten Zeitraums auf ein und derselben Großbaustelle eingesetzt. Die Großbaustelle wird nicht zur regelmäßigen Arbeitsstätte, weil die dortige Tätigkeit vorübergehend, d.h. auf eine von vornherein bestimmte Dauer, angelegt ist. Diese kann im Übrigen auch projektbezogen sein (z.B. Überlassung des Leiharbeitnehmers bis zur Vollendung des konkreten Bauvorhabens).
Eine (außerbetriebliche) regelmäßige Arbeitsstätte (beim Entleiher) liegt auch vor, wenn ein Leiharbeitnehmer beim Verleiher
- mit dem Ziel der späteren Festeinstellung beim Entleiher oder
- für die Dauer eines bestimmten Projekts mit der anschließenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingestellt wird.
Es liegt in beiden Fällen keine Tätigkeit an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten vor, weil der Arbeitnehmer nicht damit rechnen muss, im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses an anderen Tätigkeitsstätten eingesetzt zu werden. Vielmehr ist er dauerhaft an einer (außerbetrieblichen) regelmäßigen Arbeitsstätte tätig.
Beispiel 4: Eine Zeitarbeitsfirma stellt einen Hochbauingenieur für die Überlassung an eine Baufirma ein. Das Arbeitsverhältnis endet vertragsgemäß nach Abschluss des Bauvorhabens. Ab dem ersten Tag der Tätigkeit auf der Baustelle liegt eine regelmäßige Arbeitsstätte in einer außerbetrieblichen Einrichtung vor, denn die Tätigkeit dort ist nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer angelegt. Aufgrund der zeitlichen Befristung des Arbeitsvertrags muss der Arbeitnehmer auch nicht damit rechnen, im Rahmen des Arbeitsverhältnisses an anderen Tätigkeitsstätten eingesetzt zu werden. Ein steuerfreier Reisekostenersatz/Werbungskostenabzug ist nicht zulässig.
Schließlich ist von einer von vornherein dauerhaften Tätigkeit an einer (außerbetrieblichen) regelmäßigen Arbeitsstätte auszugehen, wenn ein jetzt entliehener Arbeitnehmer zuvor mit gleicher Tätigkeit beim Entleiher beschäftigt war.
Beispiel 5: Ein Automobilunternehmen lagert einen Teil der in der Montage beschäftigten Arbeitnehmer an eine Leiharbeitsfirma aus, die ihrerseits diese Arbeitnehmer an das Automobilunternehmen entleiht. Dort üben sie die gleiche Tätigkeit aus wie zuvor im Automobilunternehmen. Es liegt ab dem ersten Tag der Tätigkeit eine regelmäßige Arbeitsstätte in einer außerbetrieblichen Einrichtung vor, denn die Tätigkeit dort ist nicht vorübergehend, sondern auf Dauer angelegt. Ein steuerfreier Reisekostenersatz/Werbungskostenabzug ist somit nicht möglich.
Information für: | Arbeitgeber und Arbeitnehmer |
zum Thema: | Einkommensteuer |
(aus: Ausgabe 11/2008)
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