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Erzwungener Wohnungswechsel II: Emotional erträglicher Umzug für schwerkranken Altmieter ermöglicht Eigenbedarf

Das zweite Urteil dieser Monatsausgabe zu Härtefallregelungen musste das Landgericht München I (LG) fällen. Unter welchen Bedingungen es seiner Meinung nach durchaus zulässig ist, einen alten und zudem kranken Mieter wegen Eigenbedarfs zu kündigen, lesen Sie hier.

In dem Fall ging es um einen 88-jährigen Mieter, der aufgrund einer schweren Herzerkrankung nur noch über eine sehr eingeschränkte Mobilität verfügte; dabei beispielsweise nur ein halbes Stockwerk steigen oder 100 Meter zu Fuß gehen konnte. Als die Vermieter dem Mann trotzdem eine Eigenbedarfskündigung aussprachen, boten sie ihm zugleich eine vergleichbare Wohnung in unmittelbarer Umgebung an. Zudem wollten sie die Umzugskosten und den Organisationsaufwand übernehmen. Als der Mieter trotzdem nicht auszog, legten die Vermieter eine Räumungsklage ein - mit Erfolg.

Zwar stellte die Beendigung des Mietverhältnisses auf Seiten des Mieters auch nach Meinung des LG eine Härte dar. Diese war jedoch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters gerechtfertigt. Laut Sachverständigengutachten war dem Mieter ein Umzug auch in Anbetracht seiner gesundheitlichen Einschränkungen möglich. Im Rahmen der Interessenabwägung hat das Interesse eines schwer herzkranken, seit 45 Jahren in der Wohnung lebenden Mieters in sehr hohem Alter hinter dem Erlangungsinteresse der sich auf Eigenbedarf berufenden Vermieter zurückzustehen - wenn dem Mieter eine gleichwertige, in der unmittelbaren Umgebung gelegene Ersatzwohnung zu identischen Konditionen vom Vermieter angeboten wird und dieser zudem die Kosten sowie die gesamte Umzugsorganisation übernimmt.

Hinweis: Wer als Vermieter einen alten Baum so behutsam verpflanzen will, dass selbst der hinzugezogene Gutachter keine Einwände hat, sollte sein Recht auf Eigentum auch durchsetzen können. Selten genug liest man über ein solch kooperatives Entgegenkommen bei Eigenbedarfskündigungen.


Quelle: LG München I, Urt. v. 22.03.2019 - 14 S 5271/17
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 07/2019)

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