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Private Krankenversicherung: Risikozuschläge bei Tarifwechsel

Auch Kunden der privaten Krankenkassen müssen sich auf steigende Beiträge einstellen. Doch nicht alles, was die Versicherungen machen, ist gleichsam rechtmäßig.

Ein Mann war seit 1983 privat krankenversichert, seine Ehefrau seit 1993. Ende 2011 wandte er sich für einen Tarifwechsel an seine Versicherung. Diese schlug ihm unter Berücksichtigung aller bekannten Vorerkrankungen und einer noch vorzunehmenden abschließenden Gesundheitsprüfung einen Tarif mit einer jährlichen Selbstbeteiligung von je 500 EUR vor. Die monatliche Prämie sollte für den Mann demnach 277 EUR und für dessen Gattin 402 EUR betragen. In der Rubrik "Medizinischer Wagnisausgleich" befand sich keine Eintragung. Die Versicherung stellte den Versicherungsschein sodann basierend auf den im Antrag genannten Gesamtprämien rückwirkend zum 01.01.2012 entsprechend auf den Tarif um - jedoch nun zuzüglich eines anteiligen medizinischen Wagniszuschlags von jeweils 75 EUR für den Kläger und seine Frau. Der Mann verlangte daher die Streichung des Risikozuschlags und zog vor Gericht.

Das Gericht entschied zunächst, dass dem Mann der Anspruch auf einen Tarifwechsel generell zustand. In einem solchen Fall kann der Versicherer aber auch einen Leistungsausschluss oder einen angemessenen Risikozuschlag und auch eine Wartezeit verlangen - sofern die Leistungen in dem geplanten neuen Tarif höher oder umfassender sind als in dem bisherigen. Das Verlangen eines Risikozuschlags war seitens des Versicherers also erst einmal völlig rechtmäßig. Allerdings kam hier gar kein neuer Versicherungsvertrag zustande; es wurde vielmehr der bisherige unter Wechsel des Tarifs fortgesetzt. Daraus folgt, dass zu den vertraglich erworbenen Rechten auch die Bewertung des Gesundheitszustands zählt, wie sie der Versicherer bei Abschluss des Vertrags im Herkunftstarif vorgenommen hatte. Hat er auf dieser Grundlage eine Gesundheitsprüfung durchgeführt, das gesundheitliche Risiko eingeschätzt und die Entscheidung getroffen, darf er im weiteren Vertragsverlauf von dieser Einstufung nicht zum Nachteil des Versicherten abweichen. Und zwar auch dann nicht, wenn es später neue Erkenntnisse gibt, dass die damalige Einstufung - etwa aufgrund des weiteren Krankheitsverlaufs oder neuerer Ergebnisse der medizinischen Forschung - zu günstig berechnet war. Genau deshalb konnte die Versicherung den Risikozuschlag von je 75 EUR in diesem Fall nicht beanspruchen.

Hinweis: Die Prüfung eines Tarifwechsels für Privatversicherte ist stets eine Option, die Krankenkassenbeiträge zu senken.


Quelle: BGH, Urt. v. 20.07.2016 - IV ZR 45/16
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 09/2016)

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