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Kein allgemeines Lebensrisiko: Schmerzensgeld für Geschädigten, der nach Unfall aus dem Wagen steigt und stürzt

Ein Unfallbeteiligter verlässt wegen eines Auffahrunfalls bei eisglatter Fahrbahn sein Fahrzeug, um sich über die Unfallfolgen zu informieren. Stürzt er infolge der Straßenglätte, ist dieser Umstand nicht der wegen der Straßenverhältnisse gegebenen allgemeinen Unfallgefahr zuzuschreiben, sondern der durch den Unfall entstandenen besonderen Gefahrenlage.

Nach einem Auffahrunfall war der Geschädigte aus seinem Fahrzeug ausgestiegen, um sich die Schäden anzusehen. Er ging um sein Fahrzeug herum. Noch vor Erreichen des Gehwegs stürzte er auf der eisglatten Fahrbahn und zog sich einen Bruch des rechten Schultergelenks zu. Von der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers verlangte er deshalb Schmerzensgeld, dessen Zahlung von ihr abgelehnt wurde.

Der Bundesgerichtshof (BGH) war dagegen der Ansicht, dass dem Geschädigten Schmerzensgeld zusteht. Der Auffassung des Haftpflichtversicherers, bei dem Sturz des Geschädigten habe sich lediglich das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht, folgten die Richter nicht. Auch wenn zum Unfallzeitpunkt aufgrund der winterlichen Straßenverhältnisse allgemein die Gefahr bestand zu stürzen, war hier entscheidend, dass der Geschädigte nur wegen des Auffahrunfalls aus dem Fahrzeug gestiegen und über die eisglatte Fahrbahn gegangen ist. In dem Sturz realisierte sich daher die besondere Gefahrenlage für an einem Unfall Beteiligte.

Hinweis: Allgemein verbindliche Grundsätze dazu, in welchen Fällen ein haftungsrechtlicher Zurechnungszusammenhang bejaht oder verneint werden kann, können nicht aufgestellt werden. Letztendlich kommt es auf die Betrachtung der jeweiligen Umstände an. Bei dem Urteil des BGH handelt es sich also um eine Einzelfallentscheidung.


Quelle: BGH, Urt. v. 26.02.2013 - VI ZR 116/12
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 06/2013)

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