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Gefahrenvermeidung durch Radfahrer: Auf gemeinsamen Geh- und Radwegen haben Fußgänger Vorrang

Ein Radfahrer befuhr einen kombinierten Geh- und Radweg, der an einem Grundstück entlangführte. Vom Grundstück aus ging eine Fußgängerin Richtung Gehweg. Als der Radfahrer die Fußgängerin passierte, verfing sich sein Lenker in deren Handtasche, so dass er stürzte und sich schwer am Kopf verletzte. Er verlangte deshalb Schmerzensgeld und Schadenersatz von der Fußgängerin.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sah ein alleiniges Verschulden des Radfahrers und lehnte deshalb die Zahlung eines Geldbetrags durch die Fußgängerin ab. Zur Begründung führt das Gericht aus, dass der Radfahrer auf dem von ihm benutzten Geh- und Radweg keinen Vorrang gegenüber Fußgängern hat. Fahrradfahrer sind vielmehr verpflichtet, jede Gefährdung zu vermeiden. Fußgänger ihrerseits dürfen den gemeinsamen Fuß- und Radweg auf der ganzen Breite benutzen und auch darauf stehen bleiben. Sie müssen sich nicht fortwährend nach eventuell nahenden Radfahrern umsehen und dürfen auch darauf vertrauen, dass Radfahrer rechtzeitig durch Klingelzeichen auf sich aufmerksam machen.

Radfahrer müssen demnach die Belange der Fußgänger auf solchen Wegen besonders berücksichtigen und insbesondere bei unklaren Verkehrslagen allenfalls Schrittgeschwindigkeit fahren, um ein sofortiges Anhalten zu ermöglichen. Auf betagte oder unachtsame Fußgänger muss der Radfahrer besondere Rücksicht nehmen.

Hinweis: Radfahrer müssen innerhalb der übersehbaren Strecke jederzeit anhalten können. Zu den an einen Radfahrer zu stellenden Sorgfaltsanforderungen gehört auch, dass er damit rechnen muss, dass aus Eingängen oder Ausfahrten Personen oder Fahrzeuge auf den Gehweg gelangen.


Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 09.10.2012 - 22 U 10/11
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 06/2013)

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