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Schadensminderungspflicht: Verkauf eines verunfallten Pkw zum vom Sachverständigen ermittelten Restwert

Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls ist nicht verpflichtet, vor der Veräußerung seines total beschädigten Fahrzeugs auf ein Restwertangebot der Haftpflichtversicherung zu warten.

Ein Autofahrer befuhr innerorts die linke Spur einer vierspurigen Straße. Rechts neben ihm befand sich ein Schneeräumfahrzeug, das nicht im Einsatz war. Der Fahrer dieses Räumfahrzeugs wechselte die Spur und beschädigte den Pkw an der rechten Seite. Nach dem Unfall schaltete der Geschädigte einen Sachverständigen ein, der einen wirtschaftlichen Totalschaden an dem Fahrzeug feststellte. Der Geschädigte veräußerte das Fahrzeug zu dem vom Sachverständigen ermittelten Restwert. Zwei Tage später erhielt der Geschädigte von der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers die Mitteilung, dass diese einen Käufer gefunden habe, der bereit sei, etwa 470 EUR mehr für das Fahrzeug zu zahlen. Bei ihrer Abrechnung legte die Haftpflichtversicherung diesen Betrag zugrunde, woraufhin der Geschädigte den noch offenen Restbetrag geltend machte.

Das Landgericht Hannover hat dem Geschädigten Recht gegeben. Nach Ansicht des Gerichts ist der Geschädigte lediglich verpflichtet, das verunfallte Fahrzeug nicht unter dem vom Sachverständigen festgestellten Restwert zu veräußern. Ein Verstoß gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht ist dann nicht zu erkennen. Es besteht auch keine Pflicht, ein mögliches Restwertangebot der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers abzuwarten, zumal die Versicherung hier auch nicht schriftlich darauf hingewiesen hat, dass der Geschädigte ein höheres Restwertangebot erhalten werde.

Hinweis: Der durch einen Unfall Geschädigte ist nicht verpflichtet abzuwarten, ob die gegnerische Haftpflichtversicherung ihm im Totalschadenfall ein höheres Restwertangebot macht. Veräußert er das Fahrzeug nach Vorlage des von ihm beauftragten Gutachters zu dem dort ermittelten Restwert, liegt hierin kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht.


Quelle: LG Hannover, Urt. v. 20.12.2012 - 4 O 206/11
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 01/2014)

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