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Verdienstausfallschaden: Geschädigter muss Erwerbsobliegenheitspflicht nachkommen

Ein Unfallgeschädigter ist verpflichtet, seine verbliebene Arbeitskraft bestmöglich einzusetzen. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung kann dazu führen, dass der Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls entfällt.

Bei einem Verkehrsunfall erlitt der Geschädigte schwerste Verletzungen am linken Bein, wodurch er seinen Beruf als Elektroinstallateur nicht mehr ausüben konnte. Auf Vermittlung absolvierte er daraufhin eine Umschulung zum Bürokaufmann. Ihm gelang es jedoch nicht, in diesem Beruf einen Arbeitsplatz zu finden. Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers stellte zunächst teilweise, später vollständig ihre Zahlung auf Ersatz des Verdienstausfalls ein.

Das Oberlandesgericht Schleswig (OLG) gab der Versicherung Recht. Zur Begründung stützt sich das Gericht auf ein eingeholtes Gutachten, wonach der Geschädigte in der Lage ist, seinen Beruf als Bürokaufmann vollständig auszuüben, wenn ihm die Möglichkeit zur Entlastung seines geschädigten Knies gegeben wird. Nach Auffassung des Gerichts ist der Geschädigte vor diesem Hintergrund verpflichtet, seine verbliebene Arbeitskraft zu verwerten und gewinnbringend einzusetzen. Vorliegend hatte der Geschädigte keine Bewerbung um Stellen als Bürokaufmann nachweisen können. Das Gericht wertet dies als Verstoß gegen seine Erwerbsobliegenheit. Nur wenn es einen den Bedürfnissen des Geschädigten angepassten Arbeitsplatz in zumutbarer Entfernung überhaupt nicht gibt oder der Geschädigte aufgrund seiner unfallbedingten Einschränkung gänzlich unvermittelbar ist, scheidet ein Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit aus. Nach Auffassung des Gerichts ist nicht ersichtlich, dass es für Bürokaufleute keinen Arbeitsplatz geben soll, in dem zwischen sitzender, stehender und gehender Tätigkeit gewechselt werden kann.

Hinweis: Das Urteil des OLG entspricht ständiger Rechtsprechung. Der Unfallgeschädigte ist also verpflichtet, darzulegen und zu beweisen, welche Bemühungen er im Einzelnen unternommen hat, um einen Arbeitsplatz zu finden.


Quelle: OLG Schleswig, Urt. v. 09.01.2014 - 7 U 83/13 
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 06/2014)

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