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Gerichtliche Zuständigkeitsfragen: Verstirbt ein Erblasser fernab des Wohnorts, ist ein Verweisungsbeschluss für alle Verfahren bindend

In Erbschaftssachen kann unter Umständen nicht nur die Ermittlung der Erbfolge problematisch sein, sondern auch die Frage, welches Gericht für die Streitigkeit zuständig ist. Das Kammergericht in Berlin (KG) musste in einer solchen Sache Licht ins Dunkel bringen.

Eine Frau verstarb nach drei Tagen in einem Hospiz, das sich im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts (AG) Brandenburg an der Havel befand. Zuvor hatte die nun verstorbene Berlinerin im Gerichtsbezirk des AG Spandau gelebt. Beide Gerichte erklärten sich für die Eröffnung des Testaments für unzuständig, so dass in nächster Instanz das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) über die Zuständigkeit entscheiden musste. Dieses bestimmte, dass das AG in Spandau durchaus zuständig sei. Weiterhin strittig war dann jedoch, welches Gericht für das Erbscheinsverfahren zuständig ist, worüber schließlich das KG zu entscheiden hatte.

Das KG entschied, dass das Spandauer AG auch für das Erbscheinsverfahren zuständig ist. Es stellte klar, dass für den Fall, dass in einer Nachlasssache die örtliche Zuständigkeit durch ein OLG bestimmt wurde, diese Bestimmung auch für sonstige Verfahren maßgebend ist, die denselben Erblasser betreffen und an dieselbe Zuständigkeitsnorm anknüpfen.

Hinweis: In Erbschaftssachen ist grundsätzlich das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser im Zeitpunkt des Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Bei Aufenthalten in Hospizen kann die Festlegung, wo der Verstorbene seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, schwierig sein und muss dann im Einzelfall ermittelt werden. Um Zuständigkeitsstreitigkeiten zu verhindern, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Verweisungsbeschluss eines Gerichts immer verbindlich - selbst wenn dieser inhaltlich unrichtig oder sonst fehlerhaft ist. Das Gericht, an das verwiesen wurde, ist damit automatisch zuständig. Dies gilt ausnahmsweise nur dann nicht, wenn der Verweisungsbeschluss willkürlich war.


Quelle: KG, Beschl. v. 16.09.2019 - 1 AR 38/19
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 11/2019)

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