[Inhalt] Ausgewertete Fallakte: Einsichtsrechte im Bußgeldverfahren beim Vorwurf der Geschwindigkeitsübertretung Bei einem vorgeworfenen Geschwindigkeitsverstoß ist es schwer, genaue Einsicht in die erfassten Daten zu erhalten. Die auf Überlassung der sogenannten Falldatei gerichtete Rechtsbeschwerde wurde im folgenden Fall zwar verworfen. Doch mit seiner Entscheidung hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) nun grundsätzlich geklärt, wie eine Überprüfung des vorgeworfenen Geschwindigkeitsverstoßes erfolgen kann. Der Betroffene war wegen Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit um 27 km/h zu einem Bußgeld von 240 EUR verurteilt worden. Sein Verteidiger begehrte im Rahmen des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde die Überlassung der sogenannten Falldatei durch die Zentrale Bußgeldstelle in Kassel. Diesen Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das erstinstanzliche Urteil hat das OLG zwar verworfen, da die vom Verteidiger erhobene Rüge prozessual unzureichend erhoben worden und damit unzulässig sei. Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung hat der Senat jedoch zum Anlass genommen, grundsätzlich zusammenzufassen, wie die Betroffenen Einsicht in ihre sogenannte Falldatei erhalten können. Die von den Messgeräten erzeugte digitale Falldatei ist Ausgangspunkt aller Geschwindigkeitsvorwürfe mit zugelassener Messtechnik. Diese verschlüsselte Datei enthält den amtlichen Messwert und das Messbild. Zu ihrer Auswertung bedarf es deshalb eines zugelassenen Auswertungsprogramms und entsprechender Schlüssel. Beides liegt in Hessen bei der Zentralen Bußgeldstelle in Kassel vor. Die Bußgeldbehörde hat vor Erlass eines Bußgelds grundsätzlich die Tragfähigkeit der Beweismittel zu prüfen. Dies macht sie, indem sie die digitale verschlüsselte Falldatei entschlüsselt und mit dem zugelassenen Auswertungsprogramm auswertet. Dadurch entsteht eine aus Messbild und Messwert bestehende lesbare Version. Der Messwert wird dem Objekt auf dem Messbild zugeordnet, und somit wird der notwendige Kontext zwischen der gefahrenen Geschwindigkeit (amtlicher Messwert), dem Täterfahrzeug (Objekt) und dem verantwortlichen Fahrer hergestellt. Die Auswertung der Falldatei muss jederzeit von allen Verfahrensbeteiligten - Gericht, Staatsanwaltschaft, Betroffener, Verteidiger - zur Prüfung eigenständig wiederholt werden können. Deshalb muss die Bußgeldstelle die Falldatei, das dazu notwendige zugelassene Auswertungsprogramm und die entsprechenden Schlüssel vorhalten. Der Betroffene eines Bußgeldbescheids kann selbst auch ohne Verteidiger seine Rechte im Bußgeldverfahren wahrnehmen und die Zuordnung des amtlichen Messwerts zu seinem Kraftfahrzeug und des Messbilds zu ihm als Fahrer anhand seiner Falldatei überprüfen. Dafür kann er entweder nach Terminvereinbarung bei der Bußgeldbehörde die unausgewertete Falldatei einsehen und mit dem dort vorgehaltenen Auswertungsprogramm und Schlüssel eigenständig auswerten. Alternativ kann er die Übersendung einer ausgewerteten Falldatei in lesbarer Version auf eigene Kosten beantragen. In diesem Fall muss auf die Authentizität vertraut werden. Hinweis: Das OLG hat die Einsichtsrechte im Bußgeldverfahren beim Vorwurf einer Geschwindigkeitsübertretung geklärt. Demnach muss der Betroffene oder sein Anwalt die korrekte Zuordnung und Auswertung der Messdaten anhand der Falldatei überprüfen können. Die nicht ausgewertete Falldatei ist aber nicht Teil der Verfahrensakte und damit nicht vom Einsichtsrecht umfasst. Sie dient nur als Basis für die Auswertung. Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 04.02.2025 - 2 Orbs 233/24
(aus: Ausgabe 06/2025)
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