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Minderjähriger Bräutigam: Eine nach EU-Auslandsrecht rechtmäßig geschlossene Ehe ist auch in Deutschland zu billigen

In Deutschland tritt die sogenannte Ehemündigkeit erst mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein. Ausnahmsweise kann früher geheiratet werden, dann aber nur mit besonderen gerichtlichen Genehmigungen. Was gilt, wenn eine mit diesen deutschen Regeln nicht konforme Eheschließung im EU-Ausland erfolgt, musste das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) beurteilen.

Einer der Ehegatten war erst 16 Jahre alt, als die Eheschließung in Bulgarien erfolgte. Dort war die Eheschließung auch durchaus wirksam. Nach deutschem Recht hätte es einer besonderen Befreiung von dem Verbot durch das Familiengericht bedurft, bereits unterhalb der Volljährigkeitsgrenze zu heiraten. Behördlicherseits wurde deshalb die Aufhebung der Ehe betrieben, als die Ehegatten (nebst ihren beiden Kindern) nach Deutschland kamen.

Das OLG aber stoppte die Aktivitäten der Behörde. Aus europarechtlichen Erwägungen sei es zu billigen, wenn nach dem entsprechenden Heimatrecht der Ehegatten geheiratet worden sei - auch dann, wenn die dortigen Regeln andere sind als in Deutschland. Andernfalls gälte das Paar nämlich im einen EU-Land als verheiratet, im anderen aber eventuell nicht. Das dürfe nicht sein. Die mangelnde Anerkennung der ausländischen Eheschließung hätte weiterhin zur Folge, dass der minderjährige Mann, der in Deutschland folglich kein Ehegatte mehr sei, gegebenenfalls weder seinen Aufenthalt begründen könne - was ein Verstoß gegen die Freizügigkeitsregeln darstelle - noch die geschuldete Arbeitnehmerfreizügigkeit genieße. Das Gericht wies deshalb die behördlichen Anträge auf Aufhebung der Ehe zurück.

Hinweis: Die meisten "Verstöße" gegen Gebote für die Eheschließung sind heilbar. Familiengerichtliche Genehmigungen können nachgeholt werden. Eine zu jung erfolgte Eheschließung wird sogar schon dadurch rechtens, dass der Ehegatte nach Eintritt der Volljährigkeit zu erkennen gibt, dass er die Ehe fortsetzen will.


Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 20.08.2019 - 5 UF 97/19
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 12/2019)

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