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Bestechungsversuch auf Wohnungssuche: Amtsgericht nimmt Beklagter Missverständnis durch unglückliche Onlineübersetzung nicht ab

Der folgende Fall des Amtsgerichts München (AG) zeigt, wie dringlich die Schaffung neuen Wohnraums ist. Dass Verzweiflung besonders bei finanziell Schwächergestellten groß ist, bleibt unbestritten. Klar ist aber auch, dass die Verzweiflung einen nicht zu unüberlegten und vor allem zu frechen Schriftstücken Behörden gegenüber veranlassen sollte.

Eine Frau war über ein Onlineportal des städtischen Wohnungsamts für eine Sozialwohnung in München registriert und erfüllte die Bedingungen für eine geförderte Ein-Zimmer-Wohnung. Ein Rechtsanspruch auf den tatsächlichen Erhalt einer Wohnung bestand aber nicht, da auch hier die Nachfrage das Angebot bei Weitem übersteigt. Das Amt konnte der Frau demnach auch in den Folgemonaten keine passende Wohnung vermitteln. In einer Mail schrieb sie dann wörtlich: "Wollen Sie Geld dan geben ich ihnen Geld. Es ist keine Problem, ich werde alles tun damit ich eine Wohnung krige. Sagen sie mir wie viel Geld sie brauchen???" Folglich wurde die Frau mit der fordernden Schriftsprache wegen Bestechung angeklagt. Vor Gericht verteidigte sie sich, dass sie die Stadt München nicht bestechen wollte und mithilfe von Google einen Text übersetzte, der misslang. Sie führte an, dass ihre Deutschkenntnisse auch nach fast acht Jahren Aufenthalt in Deutschland sehr mangelhaft seien und sie eigentlich habe sagen wollen, dass sie bereit und imstande wäre, sowohl den Kautionsbetrag für die Wohnung als auch die Wohnungsmiete zu bezahlen.

Doch dann sprach in den Augen des AG so einiges gegen die Annahme, dass hier einfach nur etwas unbeabsichtigt schiefgegangen sei. Zwar können Ergebnisse von Übersetzungsprogrammen wie das von Google oft sinnverzerrend sein, jedoch bieten sie stets die korrekten Schreibweisen der jeweiligen Worte an. Zudem konnte das Gericht keinen nachvollziehbaren Grund finden, warum die Frau nach eineinhalb Jahren Mitgliedschaft in dem Vermittlungsportal bei gleichgebliebenen Einnahmen plötzlich über mutmaßlich zusätzliche Mittel für Kaution und Miete verfüge. Und zu guter Letzt sprach ihre kleine Vorstrafe wegen Unterschlagung in den Augen des AG dafür, dass es sich bei der Falschübersetzung um eine reine Schutzbehauptung der Frau gehandelt habe. Somit bejahte das Gericht eine Bestechung und verurteilte die Angeklagte.

Hinweis: Bestechung ist eine Straftat. Darüber sollten sich alle Beteiligten klar sein. Insbesondere die Bestechung von Behördenmitarbeitern kann weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen. Das Urteil ist aufgrund Berufung der Angeklagten noch nicht rechtskräftig


Quelle: AG München, Urt. v. 02.09.2020 - 1111 Cs 407 Js 224934/19 (2)
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 01/2021)

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