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Leerstehender Privatparkplatz: Auch ohne konkrete Nutzungsabsicht darf ein unberechtigt parkendes Fahrzeug abgeschleppt werden

Maßnahmen müssen sich immer als verhältnismäßig erweisen, wenn man sich durch sie unliebsamer Umstände entledigen möchte. Das Landgericht München I (LG) musste sich im Folgenden mit der Frage beschäftigen, ob es einer Parkplatzmieterin erlaubt sei, ein unberechtigt auf ihrem Stellplatz abgestelltes Kraftfahrzeug entfernen zu lassen, obwohl sie den angemieteten Platz selbst aktuell gar nicht nutze.

Ein Autofahrer hatte sein Fahrzeug widerrechtlich auf einer privaten Stellfläche abgestellt. Die Mieterin des Parkplatzes rief daraufhin ein Abschleppunternehmen. Als dieses eintraf, war der Fahrer mit dem Fahrzeug bereits weggefahren. Das Abschleppunternehmen stellte daraufhin dem Halter eine Leerfahrt in Rechnung. Dieser verweigerte die Zahlung - mit dem Hinweis darauf, dass die Mieterin in der Zeit den Stellplatz gar nicht nutzen wollte und das Abschleppen unverhältnismäßig sei. Der Abschleppunternehmer klagte. In erster Instanz wurde die Klage mit dem Argument abgewiesen, wenn keine konkrete Nutzung geplant war, sei das Abschleppen wirtschaftlich unvernünftig.

Das sah das LG jedoch anders. Es stellte fest, dass keine konkrete Nutzungsabsicht des Berechtigten vorliegen muss, um ein Fahrzeug von einer privaten Fläche abschleppen zu lassen. Es gibt auch keine Wartepflicht - insbesondere dann nicht, wenn es keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, wann der Fahrer zurückkehrt. Das Abschleppen war auch nicht unverhältnismäßig, da das Fahrzeug nicht auf andere Art und Weise kostengünstiger entfernt werden konnte. Es sei für die Mieterin nicht hinnehmbar, so lange eine Besitzstörung zu dulden, bis der Fahrer von sich aus wegfährt. Die ortsüblichen Kosten einer Leerfahrt und der Nachtzuschlag sind daher vom Halter zu zahlen.

Hinweis: Einer Güterabwägung, wie sie etwa bei Notwehr erforderlich ist, bedarf es in solchen Fällen grundsätzlich nicht. Es kommt vielmehr darauf an, dass dem unerlaubt Parkenden keine unverhältnismäßig großen Nachteile zugefügt werden, die durch die Wahl anderer ebenso zur Abwehr geeigneter Maßnahmen hätten vermieden werden können.


Quelle: LG München I, Urt. v. 23.06.2022 - 31 S 10277/19
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 09/2022)

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