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Berücksichtigung eines Darlehens bei der Pflichtteilsberechnung: Beweis der Rückzahlung durch Quittungen kann entkräftet werden

Die Berechnung des Pflichtteils führt immer wieder zu Streitigkeiten. Da der Pflichtteil als Anteil am Nachlasswert ermittelt wird, versuchen Erben immer wieder, den Nachlasswert als möglichst gering anzugeben, während Pflichtteilsberechtigte daran interessiert sind, dass dieser Wert und somit ihr Anteil möglichst hoch sind. Grundsätzlich wird für die Ermittlung des Nachlasswerts die Differenz zwischen Aktivnachlass - also Grundstücke, Geld, Forderungen des Erblassers usw. - und den Schulden des Verstorbenen gebildet. Dazu müssen jedoch alle einzelnen Posten belegt werden.

Ein Ehepaar hatte in einem handschriftlichen Testament nach ihrer beider Tod einen ihrer Söhne als Alleinerben eingesetzt. Dessen Geschwister verlangten ihren Pflichtteil und trugen vor, dass der Bruder bereits zu Lebzeiten der Eltern ein Darlehen von 167.000 DM bekommen habe, das bei der Pflichtteilsberechnung berücksichtigt werden müsse. Der Sohn behauptete jedoch, das Darlehen bereits zurückgezahlt zu haben, und legte dafür handschriftliche Quittungen vor.

Das Gericht ließ diese Quittungen von einem Sachverständigen untersuchen und kam zu dem Schluss, dass möglicherweise nachgetragene Ziffern, Durchdruckspuren und auffällig einheitlich gefertigte Unterschriften ernsthafte Zweifel begründen, dass die quittierten Zahlungen tatsächlich erfolgt sind. Es entschied daher, dass der Darlehensbetrag bei der Pflichtteilsberechnung mit herangezogen werden muss.

Hinweis: Auch wenn Quittungen sehr häufig als Beleg für Zahlungen genutzt werden, sollte man dabei bedenken, dass die Beweiskraft einer Quittung von den Umständen des Einzelfalls abhängt und durch Gegenbeweise entkräftet werden kann. In einem solchen Fall empfiehlt es sich, die Rückzahlung per Überweisung vorzunehmen, so dass die Kontoauszüge als Beleg herangezogen werden können, oder auch die Quittung im Beisein von Zeugen zu erstellen.


Quelle: OLG Brandenburg, Urt. v. 22.01.2014 - 4 U 88/13

 

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 06/2017)

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