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Fahrende Gelegenheitskiffer: Cannabiskonsum muss nicht mehr zwingend zum Entzug der Fahrerlaubnis führen

Bei Konsumenten von Cannabis zeigte sich die Rechtsprechung bislang recht kompromisslos, wenn es um deren Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs ging. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat nun in gleich mehreren Verfahren etwas differenzierter geurteilt. Doch Vorsicht: Einen Freibrief zu "Smoke and drive" bedeutet das natürlich bei weitem nicht!

In den vom BVerwG entschiedenen Verfahren war bei Verkehrskontrollen jeweils festgestellt worden, dass gelegentliche Cannabiskonsumenten trotz vorangegangenen Konsums ein Kraftfahrzeug geführt hatten. Beim psychoaktiven Cannabiswirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) gingen die Fahrerlaubnisbehörden ab einer ermittelten Konzentration ab 1 ng/ml im Blutserum bislang davon aus, dass die Fahrsicherheit der Fahrzeugführer beeinträchtigt sei. Wegen fehlender Trennung zwischen dem Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs entzogen sie den Konsumenten daher die Fahrerlaubnis. Doch die gegen die Entziehung erhobenen Klagen waren erfolgreich.

Das BVerwG hat entschieden, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis, der erstmals unter der Wirkung von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt hat, in der Regel nicht ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen und ihm unmittelbar die Fahrerlaubnis entziehen darf. In solchen Fällen hätten die Fahrerlaubnisbehörden vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen über die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Klärung der durch diese Fahrt begründeten Zweifel an der Fahreignung zu entscheiden. Von einer solchen Möglichkeit darf dabei auch nach wie vor ausgegangen werden, sobald beim Betroffenen im Anschluss an die Fahrt eine THC-Konzentration von 1 ng/ml oder mehr festgestellt wird.

Hinweis: Auch nach dieser Rechtsprechung des BVerwG gilt: Zwar begründet ein einmaliger Verstoß nach wie vor die Bedenken gegen eine Fahreignung - diesen Zweifeln muss die Fahrerlaubnisbehörde jedoch auch nachgehen. Erforderlich ist dazu eine Prognose, ob der Betroffene auch künftig nicht zwischen einem eventuell die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Cannabiskonsum und dem Fahren trennen wird. Um hierfür eine ausreichend abgesicherte Beurteilungsgrundlage zu haben, bedarf es in der Regel der Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens.


Quelle: BVerwG, Urt. v. 11.04.2019 - 3 C 13.17, 3 C 14.17, 3 C 7.18, 3 C 2.18, 3 C 8.18 und 3 C 9.18
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 06/2019)

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