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Nutzungsausfallentschädigung: Geschädigte müssen im Rahmen der Schadensminderungspflicht auf zügige Reparatur hinwirken

Dass Handwerkerleistungen in den letzten Jahren immer begehrter und somit auch immer knapper verfügbar wurden, darf nicht zur Trödelei bei Reparaturen führen - zumindest nicht in den Augen von Versicherungen, wenn es um die Nutzungsausfallentschädigung nach einem Unfallschaden geht. Ob und wie ein Geschädigter dabei seinen Schadensminderungspflichten nachkommt, zeigt der Fall des Amtsgerichts Bautzen (AG).

Das Fahrzeug des Geschädigten wurde bei einem Verkehrsunfall beschädigt. Das Auto befand sich anschließend für etwa zwei Monate zur Reparatur in einer Werkstatt. Die Versicherung des Unfallverursachers weigerte sich, die Nutzungsausfallentschädigung für die gesamte Reparaturzeit in Höhe von 50 EUR pro Tag zu erstatten. Sie nahm wegen der ungewöhnlich langen Reparaturdauer einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht an.

Doch das AG stand hier auf der Seite des Geschädigten und sprach ihm den beantragten Nutzungsausfall in voller Höhe zu. Der Kläger habe seine Schadensminderungspflicht nicht verletzt. Es obliegt ihm grundsätzlich, sich nach dem Grund für eine außergewöhnliche Reparaturlänge zu erkundigen und sich nach einer alternativen Werkstatt umzusehen, wenn sich Zweifel aufdrängen, dass die gewählte Werkstatt die Reparatur in angemessener Zeit erbringen wird. Diesen Anforderungen ist der Kläger hier aber nachgekommen, indem er sich wöchentlich über die Reparaturdauer bei der Werkstatt erkundigt hat. Der Grund für die Verzögerungen erscheint allen einleuchtend: Dem Geschädigten wurde gesagt, dass es coronabedingt zu Lieferschwierigkeiten komme.

Hinweis: Das Urteil entspricht ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung. Übersteigt beispielsweise die tatsächliche Reparaturdauer eines Pkw nach einem Unfall die im Sachverständigengutachten geschätzte Dauer  über einen Monat, da Ersatzteile erst bestellt werden mussten, besteht ein Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung für den tatsächlichen Reparaturzeitraum, wenn die Reparaturverzögerung allein im Verantwortungsbereich der Werkstatt liegt.


Quelle: AG Bautzen, Urt. v. 16.09.2021 - 21 C 570/20
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 02/2022)

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