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Ralf Schröper
Rechtsanwalt und Mediator
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Gesteigerte Sorgfaltspflicht: Radfahrer muss Abbiegeabsicht dem neben ihm Radelnden deutlich ankündigen

Weder Kennzeichen noch Blinker und eben auch keine schützende Hülle außer der bekleideten eigenen Haut: Fahrradfahren ist mit vielen Risiken behaftet. Und genau darum gilt auch besondere Vorsicht für jeden, der sich auf zwei Rädern durchs Leben bewegt. Im folgenden Fall hatte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) nicht etwa die Unfallfolgen von zwei ungleich "starken" Beteiligten, sondern die von zwei Radfahrern zu bewerten, die miteinander kollidiert waren.

Ein Mann und eine Frau hatten sich zu einer Radtour verabredet und fuhren auf dem Radweg nebeneinander. Plötzlich bog der rechts fahrende Radler nach links ab und kollidierte dabei mit der links neben ihm fahrenden Radfahrerin. Diese stürzte und verletzte sich schwer. Die Geschädigte forderte Schadensersatz und Schmerzensgeld - doch die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers verweigerte die Zahlung. Sie berief sich darauf, dass der Mann vor dem Abbiegen durch Zuruf den Richtungswechsel angekündigt habe. Daher sei die Frau selbst schuld.

Das OLG gab jedoch der Geschädigten recht. Will einer von zwei nebeneinander fahrenden Radfahrern abbiegen, muss er sich so verhalten, dass eine Kollision ausgeschlossen ist. Und eben dies war hier nicht geschehen. Abgesehen davon, dass der Mann nicht beweisen konnte, dass er die Abbiegeabsicht bereits verbal geäußert hatte, hätte er in dieser Fahrsituation anders handeln müssen. Da er rechts von der Frau fuhr, musste er deren Weg kreuzen, daher hatte er eine gesteigerte Sorgfaltspflicht, eine Kollision zu verhindern. Er hätte also eindeutig und mit deutlichen Handzeichen seine Abbiegeabsicht erkennbar machen müssen. Ein Mitverschulden der Frau war dabei nicht erkennbar.

Hinweis: Die Verpflichtung, den Fahrtrichtungswechsel anzuzeigen, gilt auch für Radfahrer. Da der Radfahrer, der abbiegen wollte, weder durch ein deutliches Handzeichen noch durch erkennbare Drosselung seiner Geschwindigkeit den Fahrtrichtungswechsel angezeigt hat, ergaben sich für die verunfallte Radfahrerin keine Anhaltspunkte für das beabsichtigte Abbiegemanöver, auf welche sie sich hätte einstellen können. Hiermit musste sie nicht rechnen, so dass der abbiegende Radfahrer allein haftet.


Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 16.06.2023 - 10 U 255/21
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 10/2023)

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