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Bruder gegen Schwester: Die Bedingungen für eine Erbunwürdigkeit sind sehr eng gefasst

Um zu verhindern, dass eine Person Erbe wird oder auch nur den Pflichtteil erhält, wird häufig vorgetragen, dass diese Person erbunwürdig sei. Dazu reicht jedoch nicht ein beliebiges unmoralisches oder verwerfliches Verhalten des Erben.

Die Erblasserin hinterließ drei Kinder. In einem notariellen Testament aus dem Jahr 2007 bestimmte sie einen ihrer Söhne zum Alleinerben und sprach den anderen beiden Kindern nur den Pflichtteil zu. Nach ihrem Tod legte die Tochter jedoch ein handschriftliches Testament aus dem Jahr 2009 vor, das abweichende Bestimmungen zu ihren Gunsten vornahm und von dem sie behauptete, dass die Erblasserin es selbst verfasst hätte. In den anschließenden Gerichtsverfahren stellte sich heraus, dass dieses handschriftliche Testament zwar von der Erblasserin unterschrieben, aber nicht von ihr selbst verfasst worden war. Daraufhin weigerte sich der Bruder, der nach dem notariellen Testament zum Alleinerben erklärt wurde, seiner Schwester den Pflichtteil auszuzahlen, da er sie für erbunwürdig hielt.

Das Gericht ging jedoch davon aus, dass das handschriftliche Testament zwar formunwirksam war, da es nicht vollständig von der Erblasserin selbst geschrieben wurde, es im strafrechtlichen Sinne jedoch keine Urkundenfälschung darstellte, da die Erblasserin das Schriftstück unterzeichnet hatte. Damit lag kein Grund zur Entziehung des Pflichtteils vor, weshalb das Gericht den Bruder zur Auszahlung des der Schwester zustehenden Anteils verpflichtete. Insbesondere spielte es nach Auffassung des Gerichts für die Beurteilung der Erbunwürdigkeit keine Rolle, ob die Tochter versucht hatte, durch das angebliche handschriftliche Testament einen Betrug zu begehen.

Hinweis: Im Gesetz ist abschließend geregelt, in welchen Fällen eine Person erbunwürdig ist. Das ist der Fall, wenn der Erbe den Erblasser getötet oder zu töten versucht hat, ihn an der Errichtung eines Testaments gehindert, ihn durch arglistige Täuschung oder Drohung zu einem Testament bewegt hat oder eine Urkundenfälschung oder ähnliche Straftat begangen hat. Andere Gründe oder Verhaltensweisen machen eine Person nicht erbunwürdig.


Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 12.07.2016 - 10 U 83/15
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 11/2016)

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