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Mithaftender Bleifuß: Haftungsabwägung bei Autobahnunfall nach Spurwechsel

Kommt es auf einer Autobahn zu einem Auffahrunfall nach einem Fahrspurwechsel, haftet der Auffahrende zu 70 %, wenn er die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 65 % überschreitet.

Ein Pkw-Fahrer fuhr mittig auf einer dreispurigen Autobahn. Er beabsichtigte, ein vorausfahrendes Fahrzeug zu überholen, setzte den linken Blinker, sah in den Außen- sowie Rückspiegel und setzte zum Überholen an. Im weiteren Verlauf kam es zu einer Kollision mit dem auf der linken Spur fahrenden Pkw, der mit 165 km/h die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h in hohem Maße überschritten hatte. Der Auffahrende verlangte dennoch vollen Schadensersatz von dem Spurwechsler.

Nach Auffassung des Landgerichts (LG) Dortmund steht dem Auffahrenden jedoch lediglich Schadensersatz in Höhe von 30 % zu. Allein die Geschwindigkeitsüberschreitung von 65 % spricht für ein überwiegendes Verschulden des Auffahrenden. Dieser durfte nicht darauf vertrauen, dass Fahrzeuge, die sich auf der mittleren Fahrspur befinden, nicht doch noch ausscheren, um andere Fahrzeuge zu überholen. Angesichts der hohen Geschwindigkeit verblieb ihm objektiv nicht genügend Zeit für eine Reaktion, mit der ein Unfall hätte vermieden werden können. Gemäß den Ausführungen des vom Gericht beauftragten Sachverständigen wäre es schon bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h und einer leichten Angleichungsbremsung nicht zu dem Unfall gekommen.

Hinweis: Das Urteil des LG Dortmund entspricht der ständigen Rechtsprechung. Kommt es zu einer deutlichen Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit, trifft den Auffahrenden gegenüber dem sonst generell allein haftenden Spurwechsler ein erhebliches Mitverschulden. So hat beispielsweise das LG Bonn ebenfalls eine Mithaftung von 70 % des Schnellfahrers bei Überschreitung der Autobahnrichtgeschwindigkeit um 75 % angenommen. Auch bei wesentlicher Überschreitung der Autobahnrichtgeschwindigkeit von 130 km/h kann es zu einer Mithaftung kommen.


Quelle: LG Dortmund, Urt. v. 07.01.2014 - 21 O 3159/12
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 12/2014)

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