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Wissen um einen Erben: Bevor der Fiskus erbt, muss das Nachlassgericht einer erhöhten Ermittlungspflicht nachkommen

Sind nach dem Tod des Erblassers keine Erben bekannt, und können auch innerhalb einer den Umständen nach angemessenen Frist keine Erben ermittelt werden, hat das Nachlassgericht festzustellen, dass der Fiskus Erbe geworden ist. Bevor das Gericht eine solche Feststellung machen kann, müssen Ermittlungen über mögliche vorhandene Erben angestellt werden. Und der Umfang eben solcher Ermittlungen war Gegenstand des folgenden Verfahrens vor dem Oberlandesgericht Celle (OLG).

Die Erblasserin ist im Februar 2021 tot in ihrer Wohnung aufgefunden worden. Im Zentralen Testamentsregister existierte ein Eintrag über eine Tochter der Frau. Das örtlich zuständige Standesamt und Einwohnermeldeamt teilten dem Nachlassgericht auf dessen Anfrage hin mit, dass die Tochter dort nicht gemeldet sei. Auch bei dem für die Bestattung zuständigen Ordnungsamt waren keine Erkenntnisse über Angehörige vorhanden. Weitere Nachforschungen unterblieben. Das Nachlassgericht stellte daraufhin fest, dass das Land Niedersachsen Erbe nach der Erblasserin geworden sei.

Doch diese Entscheidung hob das OLG wieder auf. Da bekannt war, dass die Erblasserin eine Tochter hatte, sind höhere Anforderungen an die Ermittlungspflicht des Nachlassgerichts zu stellen. Als Faustformel gibt das OLG an, dass mindestens Anfragen an Sterberegister, Eheregister und Geburtenregister der feststellbaren Lebensmittelpunkte eines Erblassers gerichtet werden müssen.

Hinweis: Allein der Umstand, dass der Nachlass eventuell überschuldet sei, befreit nicht von der Ermittlungspflicht des Nachlassgerichts.


Quelle: OLG Celle, Beschl. v. 20.04.2021 - 6 W 60/21
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 08/2021)

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