[Inhalt] Radsturz wegen Hund: Anscheinsbeweis spricht bei freilaufenden Tieren für die Halterhaftung Steht der Sturz eines Radfahrers im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit der Kollision mit einem freilaufenden Hund, spricht der Anscheinsbeweis für eine Haftung des Hundehalters. Eine Radfahrerin befuhr einen asphaltierten landwirtschaftlichen Weg, der für die Benutzung durch Radfahrer und Fußgänger freigegeben war. In dieselbe Richtung spazierte ein Mann mit seinem Hund, der seinerseits dem Mann etwa 10 m vorauslief. Der Hund war nicht angeleint und lief aus Sicht der Radfahrerin am linken Wegesrand. Die Radfahrerin klingelte, als sie den Fußgänger überholen wollte. In diesem Moment pfiff der Mann nach seinem Hund, der zunächst links blieb. Als sich die Radfahrerin bis auf wenige Meter dem Hund genähert hatte, lief dieser plötzlich nach rechts und die Radfahrerin stürzte. Der Halter des Hundes haftet hier auf vollen Schadensersatz. Der Sturz der Radfahrerin stand in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit der Begegnung mit dem freilaufenden Hund. Unter diesen Umständen spricht bereits ein Anscheinsbeweis für die Verursachung des Sturzes durch den Hund, weil dieser nicht mit einer Leine geführt wurde, sondern vielmehr die Leine hinter sich herzog. Ein Mitverschulden der Radfahrerin an der Entstehung des Unfalls war nicht zu erkennen. Der Radfahrerin hätte allein vorgeworfen werden können, ihr Fahrrad bei Annäherung an den Hund nicht zum Stillstand gebracht zu haben, abgestiegen zu sein und das Fahrrad vorsichtig am Hund entlanggeschoben zu haben. Eine derartige Verhaltensweise widerspricht jedoch der Teilnahme am Verkehr auf einem asphaltierten landwirtschaftlichen Verbindungsweg. Hinweis: Befinden sich Tiere auf der Fahrbahn, ist hierauf nach Möglichkeit Rücksicht zu nehmen. Das bedeutet, dass vorsichtig an ihnen vorbeigefahren werden muss, die Geschwindigkeit der Verkehrssituation anzupassen, ein gewisser Abstand einzuhalten und die Reaktionsbereitschaft zu erhöhen ist. Nicht verlangt werden kann, dass vom Fahrrad abgestiegen wird, um das Tier gefahrlos passieren zu lassen. Quelle: LG Tübingen, Urt. v. 12.05.2015 - 5 O 118/14
(aus: Ausgabe 01/2016)
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