[Inhalt]
[Vorheriger Text][Nächster Text]

Freistellungserklärung bei Kündigung: Zweifel gehen zu Lasten des Arbeitgebers

Nach dem Bundesurlaubsgesetz legt der Arbeitgeber den Urlaub zeitlich fest. Die Erklärung eines Arbeitgebers, einen Arbeitnehmer unter Anrechnung auf dessen Urlaubsansprüche nach der Kündigung von der Arbeitsleistung freizustellen, ist aus Sicht des Arbeitnehmers zu beurteilen.

Der Kläger ist bei der Beklagten - einem Bankunternehmen - als Angestellter mit einem jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen beschäftigt. Der Arbeitgeber erklärte schriftlich Mitte November 2006 die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Wirkung zum Ende März 2007. Gleichzeitig stellte er den betroffenen Angestellten "ab sofort unter Anrechnung der Urlaubstage von der Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge" frei. In dem nachfolgenden Kündigungsschutzprozess entschied das Arbeitsgericht jedoch, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten nicht ordnungsgemäß beendet worden sei. Ferner musste das Gericht klären, wie viel Urlaub dem klagenden Arbeitnehmer dementsprechend noch zustehe. Dieser machte nämlich noch Resturlaub aus dem Jahr 2007 geltend und vertrat die Auffassung, sein Arbeitgeber habe ihm während der Kündigungsfrist neben dem aus 2006 resultierenden Urlaub lediglich 7,5 Tage Urlaub für das Jahr 2007 gewährt. Dies entspreche dem Teilurlaub, den er im Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.03.2007 erworben habe.

Das Landesarbeitsgericht teilte die Auffassung des Arbeitnehmers und gab ihm Recht. Die Freistellung des Arbeitnehmers zum Zwecke der Gewährung von Erholungsurlaub erfolgt durch einseitige Willenserklärung des Arbeitgebers. Die Erklärung muss für den Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennen lassen, in welchem Umfang der Arbeitgeber die Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers erfüllen will, so das Gericht. Denn nur der Arbeitgeber hat es in der Hand, den Umfang der Freistellung eindeutig festzulegen.

Hier jedoch konnte der Arbeitnehmer der Freistellungserklärung nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen, ob der Arbeitgeber u.a. den vollen Urlaubsanspruch für das Jahr 2007 oder lediglich den auf das erste Quartal 2007 entfallenden Teilurlaubsanspruch erfüllen wollte. Entsprechende Zweifel gehen zu Lasten des Arbeitgebers, so dass eine derart unklare Formulierung zugunsten des Arbeitnehmers ausgelegt wird und diesem hier die volle Urlaubszeit für 2007 zu gewähren war.


Quelle: BAG, Urt. v. 17.05.2011 - 9 AZR 189/10
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 09/2011)

[Vorheriger Text][Nächster Text]
[Inhalt]

 

[Startseite] [Archiv]