Aktuelle Rechtsinformationen[Inhalt] Widerspruch oder Änderungswille? Ist ein Widerruf nicht eindeutig erkennbar, bleibt vorher getroffene Erbeinsetzung bestehen Mit der Errichtung eines neuen Testaments kann ein früheres Testament aufgehoben werden - muss es aber nicht. Gerichten wie im Folgenden dem Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) obliegt es bei Vorhandensein mehrerer Testamente, die einzelnen Versionen miteinander abzugleichen und zu prüfen, ob sie einander widersprechen und somit ersetzen, oder ob es mit einem aktualisierten Testament lediglich zu Teiländerungen durch Vermächtnisanordnungen gekommen ist. Der im Jahr 2021 verstorbene Erblasser war verheiratet und hinterließ keine eigenen Kinder. Darüber hinaus hatte er noch zwei Geschwister, eine Schwester und einen Bruder, der kurz nach dem Erblasser verstarb. In einem notariellen Testament hatte der Erblasser seine Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt. Die Schwester des Erblassers wurde als Vermächtnisnehmerin für landwirtschaftliche Grundstücke und die Hälfte eines Kontoguthabens benannt. Die Ehefrau sollte sich zudem um die Beerdigungs- und Grabpflegekosten kümmern. In den Jahren 2014 und 2015 errichtete der Erblasser mehrere handschriftliche Testamente, in denen überwiegend die Grundstücke neu verteilt wurden. Die Grundstücke sollten an den Bruder und die Schwester des Erblassers gehen, die Ehefrau sollte ein lebenslanges Wohnrecht erhalten. Die Ehefrau war der Ansicht, dass sie auch nach der Errichtung der handschriftlichen Testamente Alleinerbin nach dem Erblasser geworden war, die Schwester vertrat die Ansicht, dass durch die nachfolgenden handschriftlichen Testamente die Erbfolge neu geregelt worden sei und die Schwester zusammen mit dem Bruder und der Ehefrau zu Erben berufen seien. Dieser Ansicht schloss sich das OLG nicht an und entschied, dass die Ehefrau Alleinerbin geworden ist. Zunächst stellte das Gericht klar, dass ein handschriftliches Testament auch ein früheres notarielles Testament aufheben oder ändern könne, ohne dass dies ausdrücklich ausgesprochen wird. Notwendig hierbei ist, dass ein klarer Widerspruch oder Änderungswille auf Seiten des Erblassers erkennbar wird. Da ein ausdrücklicher Widerruf hier nicht erfolgt sei, kam es ausschließlich auf die Frage an, ob ein inhaltlicher Widerspruch der nachfolgenden Testamente zu dem notariellen Testament festgestellt werden konnte - und dies war nach Ansicht des OLG nicht der Fall. Ein Widerspruch liege nur dann vor, wenn sich die alte und die neue Regelung nicht miteinander vereinbaren ließen. Die späteren Testamente betrafen hier vor allem Grundstücke des Erblassers, nicht aber das Gesamtvermögen. Als erheblicher Teil des Vermögens existierte zudem auch ein Wertpapierdepot, das in den späteren Testamenten nicht erwähnt wurde, ebenso wenig gab es eine Neuregelung zu den Beerdigungs- und Grabpflegekosten. Dies führe nach Ansicht des Gerichts dazu, dass der Erblasser nur einzelne Dinge neu regeln wollte, nicht aber die gesamte Erbfolge. Da der Erblasser nur über einzelne Nachlassgegenstände eine neue Verfügung getroffen habe, handelte es sich nur um Teiländerungen durch Vermächtnisanordnungen. Das notarielle Testament blieb in seinem Kern hinsichtlich der Einsetzung der Ehefrau als Alleinerbin daher gültig. Hinweis: Die Beweislast für das Vorliegen eines Widerrufs trägt derjenige, der sich auf die Aufhebung des Testaments beruft. Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.08.2025 - 14 W 100/24
(aus: Ausgabe 10/2025)
|