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Trotz Geschäftsunfähigkeit: Nicht jede schwerwiegende geistige Erkrankung macht automatisch testtierunfähig

Entspricht ein Testament nicht den Vorstellungen der Erben, greifen sie dieses häufig mit dem Argument an, dass der Erblasser nicht testierfähig gewesen und die letztwillige Verfügung damit unwirksam sei.

Ein Mann hatte in einem notariellen Testament seine damalige Betreuerin und spätere Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt - mit der Auflage, eine selbständige oder unselbständige Stiftung zu errichten, deren Zweck die Förderung der Kinder- und Jugendhilfe sein sollte. Da der Mann vor seinem Tod bereits mehrere Jahre unter Betreuung gestanden hatte und mehrere Gutachten vorlagen, die ihn als nicht voll geschäftsfähig einstuften, weigerte sich das Grundbuchamt, die dem Erblasser gehörenden Grundstücke auf die Erbin umzuschreiben.

Das Gericht musste nun entscheiden, ob der Mann testierfähig und das Testament somit wirksam war. Es führte aus, dass eine schwerwiegende geistige Erkrankung nicht automatisch zur Testierunfähigkeit führt, sondern nur dann, wenn die Erkrankung die Willensentschließung bei Errichtung des Testaments beeinträchtigt hat. Die fachärztlichen Gutachten gingen jedoch davon aus, dass das Testament des Mannes auf einer lange geplanten und in seiner Persönlichkeit wurzelnden Entscheidung beruhte und nicht von der Geschäftsunfähigkeit betroffen war. Auch daraus, dass er unter Betreuung gestanden hatte, konnte nicht darauf geschlossen werden, dass der Mann testierunfähig war. Somit wurde das Testament als wirksam angesehen.

Hinweis: Das Gesetz geht grundsätzlich davon aus, dass der Erblasser testierfähig ist. Die Testierunfähigkeit muss also eindeutig nachgewiesen werden, was in der Praxis - insbesondere nach dem Tod des Erblassers - schwierig sein kann. Dazu können schon zu Lebzeiten entsprechende fachärztliche Gutachten eingeholt werden. Es ist jedoch nicht zulässig, zu Lebzeiten des Erblassers Klage zu erheben, um die Feststellung seiner Testierfähigkeit zu erzwingen.


Quelle: OLG München, Beschl. v. 31.10.2014  -  34 Wx 293/14
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 02/2017)

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